Zickologie 

 25/02/2012

„Wenn du mich heute fragst, wie es war“, sagte Prinzessin (11) gestern nach der Schule und schleuderte ihren Rucksack in die Ecke, „dann kann ich nur sagen: bescheiden, äußerst bescheiden.“
Ich dachte: „Oh, je, die Englischarbeit versiebt.“ Aber nein, für Prinzessin hat das Zwischenmenschliche Priorität.
Fächer und Zensuren sind für sie lästiges Beiwerk des schulischen Lebens. Als wir beide vor Weihnachten mit dem Klassenlehrer bei einem „Lernzielgespräch“ zusammen saßen, fanden wir Erwachsenen einige Punkte, in denen sie sich verbessern könnte. Diese Punkte wurden von Herrn T. auf dem Lernzielformular notiert. Herr T. und ich lächelten uns an. Er setzte seinen Namen unter die neuen Lernziele. Freudig zückte auch ich den Stift und Prinzessin sagte nur: „Ne, das unterschreibe ich nicht.“
Nur damit Ihr wisst, mit wem wir es zu tun haben.
Ihr Kummer am Mittag hatte also seine Ursache im Zwischenmenschlichen, bei Mädels kurz „Zickenkrieg“ genannt.
Zwei Freundinnen, erzählte Prinzessin, hätten sie den halben Tag geschnitten und wenn Prinzessin etwas gesagt hätte, hätten Lisa und Marie sich nur angeguckt und hätten die Augen gerollt. Und Lisa hätte gesagt, dass Ella gesagt hätte, dass die neue Uhr von Prinzessin völlig uncool sei. Und Ella hätte gesagt, dass Prinzessin gesagt hätte, dass sie in Wirklichkeit gar nicht bei Lisa hätte übernachten wollen. Und Ella fände es doof, dass Prinzessin zu feige sei, die Wahrheit zu sagen …
In den Augen von Prinzessin stand das Wasser wie auf einer Eisfläche, die frisch präpariert wurde.
Was tun in einer solchen Situation?
Hier ein Auszug aus meinem kleinen Lehrbuch „Zickologie“.
1. Körperkontakt suchen, sich kuschelig aufs Sofa setzen, in den Arm nehmen und erzählen lassen. 50 Prozent des inneren Drucks sind schon mal weg, wenn alles aus einem herausplatzen darf.
2. Trösten, den Kopf kraulen, streicheln, sagen, dass man verstehen kann, wie äußerst bescheiden dieser Schultag war.
3. In der ersten Wut kann Mama zusammen mit Prinzessin Dampf ablassen. „Diese blöde Zicke!“ Und, wom, kriegt das Sofakissen unseren linken Haken zu spüren. „Und hier hast du noch einen und noch einen.“ Jetzt haben wir es der Kissen-Zicke aber gezeigt. Prinzessin kann wieder lachen.
4. Aber dann muss gut sein. Nicht als Mama oder Papa gegen andere Kinder hetzen.
5. Und vor allen Dingen nicht bei anderen Eltern anrufen, um die Situation zu „klären“. Es ist der Konflikt der Kinder. Raushalten! Ich habe schon Zickenkriege erlebt, nach denen die Mädchen sich am anderen Tag wieder vertragen haben, aber die Mütter bis heute kein Wort mehr mit einander reden.
6. Zusammen überlegen, was Prinzessin das nächste Mal in solch einer Situation sagen oder tun könnte.
7. Sich nicht länger aufhalten bei dem, was sich ereignet hat oder was alles gesagt wurde. In die Zukunft schauen, immer vorwärts gerichtet.
8. Dem Kind die wichtigsten Grundsätze zur Vermeidung von Zickenkrieg vermitteln:

 

  • Kläre Probleme direkt mit der Person, die sie betreffen.
  • Sprich nicht mit Dritten darüber.
  • Wenn du nichts Positives über jemanden sagen kannst, halte einfach die Klappe.
9.   Wir holen Goldfolie aus dem Keller und basteln uns Heiligenscheine.
 
 
Dies ist das Programm, wenn viel Wasser auf der Eisfläche steht.
Wenn eine Tochter jeden Tag mit solch einem Thema kommt, unbedingt den Aufwand herunter fahren. Sie würde sonst lernen, dass sie immer bei Problemen Aufmerksamkeit bekommt, und wir ziehen uns eine Drama-Queen heran. Dann lieber eine gute Zeit mit dem Kind verbringen und gar nicht groß in das Thema einsteigen.
Immer schön fröhlich bleiben
Uta
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Uta


Ich arbeite als Eltern-Coach, Buchautorin und Journalistin, bin Ehefrau und Mama (ein Sohn, eine Tochter) und kann es nicht lassen, dem Familien-Glück auf die Spur zu kommen. Ich forsche in Büchern, spreche mit Experten und teste alle Erkenntnisse in der Praxis. Nur was mich überzeugt, weil es das Leben mit Kindern wirklich erfüllender macht, schafft es auf diese Seite.

Deine, Uta

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