Utas Freiwillige Selbstkontrolle 

 08/09/2012

Warum Eltern der Altersfreigabe bei Filmen nicht vertrauen können und wie ich die FSK durch eine UFSK ergänzt habe

Bei der Freiwilligen Selbstkontrolle (FSK) der Filmwirtschaft arbeiten 190 Menschen aus verschiedenen Bereichen der Gesellschaft. Es sind Ehrenamtliche, berufen für drei Jahre.

Auch wenn ich verdienstvoll finde, was sie tun, bin ich häufig anderer Meinung als diese 190 Menschen.

Es war an einem Abend vor einigen Jahren. Mein Mann und ich wollten ausgehen. Und die Kinder, damals fünf und acht Jahre alt, sollten den Abend mit einer Babysitterin verbringen. Vorher hatte ich aus der Kinderabteilung der öffentlichen Bücherhalle eine Zeichentrick-Film mit FSK 0 ausgeliehen. Ich dachte: FSK 0 + Bücherhalle = pädagogisch wertvolles Kino schon für die Kleinsten.

Mitnichten. In dem Streifen, eine Produktion der chinesischen Filmwirtschaft, entriss eine Monsterbande ein kleines Mädchen den Händen seiner Eltern und brachte das schreiende Kind zur Zwangsarbeit in eine Fabrik. Dort wurden weitere Kinder gefangen gehalten. Und wer zu fliehen versuchte, lief Gefahr, in einem riesigen Bottich mit heißem Käse zu ertrinken.

Seither – wenn ich es irgendwie schaffe – , unterziehe ich Filme, die unsere Kinder sehen wollen, der UFSK (Utas Freiwilliger Selbstkontrolle, auch ehrenamtlich).

Am vergangenen Wochenende hatten mein Mann und ich „Couchgeflüster“ aufgezeichnet und überlegten, ihn zusammen mit Prinzessin (11) zu gucken. In „Couchgeflüster“ ermuntert die Psychotherapeutin Lisa (Meryl Streep) ihre Patientin Rafi (Uma Thorman), ihre leidenschaftliche Beziehung zu einem 16 Jahre jüngeren Mann fortzusetzen, bis sie entsetzt feststellt, dass es sich um ihren eigenen Sohn handelt. Super Film, sehr komisch, mit hinreißenden Darstellern.

Vorher hatte ich im Internet nachgeschaut: die deutsche Kontrolle gab „FSK 0“, die Amerikaner „ab 13“. Und wir schickten Prinzessin ins Bett.
Nun ist der Film harmlos, aber mein Mann und ich konnten sehr viel unbeschwerter über die sexuell freizügigen Dialoge lachen, als wenn die Elfjährige dabei gewesen wäre.

Ich finde, dass Kinder möglichst lange Kinder bleiben sollen, deshalb ist die UFSK häufig strenger als die FSK.

Man hat immer wieder die Situation, dass wir Erwachsenen uns einen netten Abend mit einem Film machen möchten und am anderen Tag ist schulfrei und man denkt: „Ach, es wäre doch nett, wenn die Kinder sich auf der Couch dazu kuscheln und einfach mit sehen.“

Bitte nicht bei „Das Haus am Meer“ mit Kevin Kline und Kristin Scott Thomas.

Die Geschichte: Sam (ca. 16) lebt unglücklich bei seiner Mutter und ihrem neuen Mann. Als die Mutter gar nicht mehr an ihn heran kommt, holt sein Vater George ihn zu sich. Beide sind sich fremd geworden. Und Sam interessiert sich nur noch dafür, wie er die nächsten Drogen beschaffen kann. George aber, der gerade erfahren hat, dass er unheilbar krank ist, erkämpft sich neu die Nähe zu seinem Sohn. Zusammen bauen sie ein Holzhaus am Meer.

Das ist ein tief bewegender Film und ich würde ihn in der Vorschule gucken lassen, wenn nicht die erste Viertelstunde eine detaillierte Anleitung enthalten würde, wie man sich im Zimmer einschließt und Drogen nimmt oder durch Würgen mit einem Gürtel sexuelle Grenzerfahrungen macht. Die FSK gibt ihn frei ab sechs Jahren, die UFSK sagt: frühestens ab 14.

Gestern habe ich im Internet nach einem Film gesucht, den wir vor Jahren aus der Videothek ausgeliehen hatten und der die Kinder, meinen Mann und mich ganz verzaubert hatte. Das ist der Lieblings-Familien-Film der UFSK. Er heißt „Schweinchen Wilbur und seine Freunde“.
Die Geschichte: Das Ferkelchen Wilbur, das Schwächste des Wurfs, soll geschlachtet werden. Aber Farmerstochter Fern (Dakota Fanning) rettet es und bringt es auf einer Nachbarsfarm unter. Dort droht ihm das gleiche Schicksal, bis ausgerechnet die kluge Spinne Charlotte eine Überlebensstrategie ersinnt.
Der Film ist traurig, lustig, tiefgründig und voller Lebensweisheit. Er ist ohne Altersbeschränkung frei gegeben. Ich würde ihn aber erst mit Kindern ab 6 gucken, weil er für Kleinere emotional zu erschütternd ist.
Immer schön fröhlich bleiben

Uta

Das Titelbild ist von Kenia von Pexels. Vielen Dank!

  • da unterschreibe ich jeden satz … unsere beiden jüngsten mädels sind jetzt 12 und 13 1/2 und ich mache es ähnlich wie du (bei uns gibt es dann schon hin und wieder diskussionen „aber der ist ab 12 freigegeben!!!“ – da überlasse ich auch nicht immer der FSK das letzte wort und schalte ihr die (bei uns) TFSK vor, was schon manches mal zu intensiven gesprächen über das warum und wieso geführt hat …

    liebe grüße,
    tabea

  • Finde ich wunderbar, dass du es ansprichst, ich sehe das genauso, liebe Uta!
    Ich staune stets mit offenem Mund, welche Filme die Klassenkameraden schon gucken dürfen…
    Auf das FSK verlassen wir uns GAR nicht, die haben ja nur grobe Richtlinien.

    Auch ein Klassiker: es werden 2-3-Jährige in Zeichentrickfilme im Kino geschleppt, die durch extrem rasante Kameraführung, schnelle Schnitte und Wortwitz eigentlich erst für 10Jährige nachvollziehbar sind (Stichwort: Familienfilm).
    Aber ist ja FSK 0, klar – fließt ja kein Blut!
    Dann kann auch das Baby mit!

    Ich find’s schade, wenn man die Kinder so beraubt…

    Jedenfalls gibt’s hier auch JFSK ;-)!

    Ich drück dich!
    Joanna

  • Meinem 5 jaehrigen Kind wurde jetzt Koenig der Loewen im Kindergarten gezeigt. Ich kannte den Film vorher nicht, habe ihn mir nun einmal angesehen. Ich finde es viel zu frueh! Selbst mir kommen Traenen wenn der Vater Loewe sich nicht mehr ruehrt und sein Kind verzweifelt nach im fragt … Mein Sohn ist recht sensibel, ich (leider) auch … Zum Glueck war es auf Englisch, da versteht mein Kind noch nicht alles (aber genug!). Ich habe viel mit ihm drueber gesprochen und das laesst ihn wieder besser schlafen. Seine deutsche KIndergaertnerin hat auch manchmal Filme gezeigt, allerdings ganz ohne bewegte Bilder, also Dias, was ich einen interessanten und guten Ansatz fuer den Kindergarten finde.

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    Uta


    Ich arbeite als Eltern-Coach, Buchautorin und Journalistin, bin Ehefrau und Mama (ein Sohn, eine Tochter) und kann es nicht lassen, dem Familien-Glück auf die Spur zu kommen. Ich forsche in Büchern, spreche mit Experten und teste alle Erkenntnisse in der Praxis. Nur was mich überzeugt, weil es das Leben mit Kindern wirklich erfüllender macht, schafft es auf diese Seite.

    Deine, Uta

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