Nachdem die glückliche, aber verspannte Familie diesen Geo-Artikel gelesen hat, haben wir eine Yoga-Lehrerin unseres Vertrauens gebeten, an einem Sonntagmittag zu uns nach Hause zu kommen und der ganzen Familie eine Yoga-Stunde zu geben. Der Esszimmertisch wurde verrückt und Matten ausgerollt. Und dann gingen wir „in den Hund“ und „in die Kobra“ und wurden menschliche Brezeln und ließen den Atem fließen oder gingen mit der Atmung dahin, wo unsere Körper dringend gedehnt werden sollten. Also überall.

Ich habe in meinem Leben schon den einen oder anderen Yoga-Kurs gemacht, aber jedes Mal denke ich wieder: „Bei all den Anweisungen, die ich befolgen soll,  – Beine strecken, Beckenboden anheben, Finger spreizen, Kopf locker zwischen den Schultern, Atem fließen lassen – fehlt nur noch, dass ich die Ohrläppchen anheben soll.“
Und jedes Mal ist es eine große Wohltat für Leib und Seele.
Es ist, als würde mein Inneres wieder mit meiner äußeren Welt in Einklang kommen, als würden zwei Folien übereinander geschoben und ein stimmiges Bild ergeben. So schön.
Dieses schöne Gefühl wollten mein Mann und ich unseren Kindern vermitteln. Dazu hätten wir auch in einen Kurs gehen können. Aber da wir es für aussichtslos hielten, dass unsere Teenager sich mit Elternteilen, die in Jerseyhosen stecken und beim Sonnengruß von der Matte kippen, in der Öffentlichkeit zeigen, initiierten wir die Yoga-Stunde in unserem Wohnzimmer.
Als ich zwischen zwei Asanas auf der Matte lag und meine Gedanken unerlaubterweise abschweiften, musste ich an die Leute denken, die in diesen Tagen in Hamburg dafür Unterschriften sammeln, dass die Gymnasien parallel zu G8 wieder auch G9 anbieten sollen (also in neun, statt in acht Jahren zum Abitur). Und ihr fragt euch jetzt, was das mit Yoga zu tun hat.
Der Zusammenhang ist der, dass ich fest davon überzeugt bin, dass die einzige Reform, die wir – außer besserer Lehrerausbildung, strengerer Eignungstests für Pädagogen, mehr Unterstützung und Supervision für Lehrer an Schulen, mehr Fachkräfte in Kitas … – also (fast) die einzige Reform, die wir wirklich brauchen, „Yoga in der Schule“ ist.
Das sagt auch der Neurowissenschaftler Sat Bir Khalsa aus Harvard.

„Wir werden zunehmend mit Stressoren bombardiert, Hektik und Druck im Arbeitsleben, stetig präsentes Fernsehen und Internet. Unsere Welt ist sehr herausfordernd. Aber uns wird nicht vermittelt, wie man damit zurechtkommt, nicht in der Schule, nicht von den Eltern. Die leiden ja selbst. Yoga ist eine Technik, die hilft, mit Stress umzugehen.“       Brand 1, Wirtschaftsmagazin, Ausgabe 04/2014: „Eine Sache der Disziplin“

Und weil es bisher überwiegend Frauen, Wohlhabende und Gebildete sind, die von Yoga profitieren, setzt sich Sat Bir Khalsa „für die flächendeckende Einführung von Yoga in öffentlichen Schulen ein“.
Sat Bir Khalsa, wo sind deine Unterschriftenlisten?
Für Yoga in der Schule braucht es gar nicht viel. Die Grundschullehrerin vom Kronprinzen (heute 16) hat täglich vor Unterrichtsbeginn mit den Kindern eine Yoga-Übung gemacht, weil sie festgestellt hatte, dass es ihnen hilft, konzentrierter zu arbeiten. So standen dann 28 kleine „Bäume“ im Klassenzimmer, das rechte Bein angewinkelt, den rechten Fuß an die Innenseite des linken Oberschenkels gedrückt, die Arme über dem Kopf gestreckt, den Blick fest auf einen Punkt an der Tafel geheftet.
Mein Mann und ich werden jetzt wieder regelmäßig Yoga üben. Ob die Kinder mitmachen werden, wird sich zeigen. Uns war es wichtig, dass sie es kennen lernen und als Möglichkeit mit in ihr Leben nehmen.
Unsere sonntägliche Yoga-Stunde endete damit, dass Familie Katzenklo ausgestreckt zwischen Klavier  und Sofa lag. Alle mit Tüchern bedeckt, als hätte es ein Massaker gegeben. Aber uns ging es gut. Sehr gut sogar. Antje, die Yoga-Lehrerin, stieg über uns drüber, um hier noch eine Hand zu lockern, dort noch eine Decke bis unters Kinn zu ziehen. „Mein Leben ist so wie es sein soll“, sagte Antje sanft, „ich habe nichts gegen das, was gerade ist.“
Immer fröhlich Yoga üben.
Eure Uta

  • Was für eine super Idee! Yoga als Famiienevent!
    Wenn es meine Jungs im Rücken zwackt, kommen sie ab und zu und wollen mit meiner Unterstützung den Rücken dehnen, dann mache ich mit ihnen die ein oder andere Yoga-Übung. Finden sie immer gut!
    Schönen Sonntag!
    Love, Isa

  • Wundervoller Beitrag!
    Ich habe schon mal yoga versucht, es ist nichts für mich (bin eher der zumba-freund), aber die leherin meiner Tochter fängt ihren Unterricht gerne mit einer yogo Stunde an und die kinder sind alle davon begeistert. Da dies so gut ankommt, gibt es nun einmal die Woche yoga für die Kinder.
    Ich finde das richtig gut, meine Tochter liebt es uns man merkt, sie nimmt einiges davon mit für den Alltag.

    LG Nicky

  • Schöne Idee, aber auch da kann es grundsätzlich kein „Muss“ geben, denn nicht allen tut das Gleiche gut. Wie Nicky schreibt, die einen lieben Zumba die anderen Yoga. Wichtig ist dabei nur das wir etwas für unseren seelisch/körperlich/geistigen Ausgleich tun. Ob einer gerne Fahrrad fährt und sich toll fühl oder mit einem Drachen vom Berg hüpft spielt dabei keine Rolle. Auch Pflichtprogramm Yoga in der Schule find ich nicht so gut, denn Pflichtprogramm haben wir (bzw. die Kinder) so auch schon genug. Ich liebe Yoga, aber wenn ich damit meinen Kindern kommen würde würden sie mich auslachen… : ) Liebe Grüße

  • Mmmmh, aber nicht wenn man in dem Schlamassel drin steckt!!! Wie schön wäre es, jetzt noch auf G9 wechseln zu können und den Stress, der durch komprimierten Unterrichtsstoff entstanden ist, zu entschärfen. Bitte nicht noch ein Pflichtfach!! Wenn, dann nur unter der Voraussetzung, dass ein Anderes entfällt! Wir haben gerade die Situation, dass Montags meinem Sohn noch im Nachgang eine Doppelstunde aufs Auge gedrückt wurde , von 15;30 Uhr bis 17:00 Uhr. Ohne Rücksicht darauf, dass er sowieso schon ( Std. an dem Tag hat, mit anstrengenden Hauptfächern und dass seine 8. Std. um 15:30 Uhr endet. Dass er dann um 19:30 Uhr die Vorbereitung für den Schüleraustausch laufen hatte, hat keinen interessiert. Auch die zusätzliche 9. und 10. Stunde als denkbar schlechter Termin wurden damit begründet, dass die Schule keine anderen Termine frei hat und es sowieso schwierig sei, alles unter einem Dach zu bekommen. Ich nenn es gnadenlos, ohne Sinn und Verstand! Es ist das herunterspulen einer Bürokratie! Von Pädagogen weit und breit nichts zu sehen! Zusätzliche Pflichtstunden, die den Stress abbauen sollen, der durch die Vielzahl der Stunden entstanden ist, das führt das Ganze doch ad absurdum! Liebe Uta, Yoga in der Schule wäre klasse, aber bitte nur in Kombination mit G9 und als Ersatz von anderen Pflichtstunden! Dass ich meinen Sohnemann Montagsabend von der Schule um 21:00 Uhr quasi nur noch schlafend aus dem Klassenzimmer ins Auto zerren konnte, versteht sich von selbst. Inklusive der Fahrt und der ewigen Parkplatzsuche bei uns war es regelmäßig 23:00 Uhr, dass wir zu Hause waren. Der Dienstag war dann ebenfalls schon gelaufen, denn wie soll man unausgeschlafen den nächsten 8 Std.-Tag überstehen. Dass ich dann hin und wieder Entschuldigungen schreiben musste, weil denn doch der ein oder andere Lehrer es nicht lassen können von Montag auf Dienstag Hausaufgaben aufzugeben mal ganz außen vor!! PS: Hatte ich gesagt, dass es nur einen völlig unauskömmlichen Mittagstisch in der Pause von 11:30 Uhr bis 12:00 Uhr gibt? Und das in einem Provisorium ( seit 7 Jahren) in der Pausenhalle mit langer Warteschlange, lauter Kulisse und aufgewärmter Tiefkühlkost! Pause ade, wenn man sich dort das Früh-Mittagessen nicht doch lieber erspart! LG Rite, die jetzt ein bisschen mehr Zeit hat, da ihr Sohnemann den Schüleraustausch angetreten hat :))

  • Liebe Uta,

    ich habe zwar erst einen Yoga-Kurs hinter mir, aber mir hat das damals unheimlich gut getan. Ich bilde mir sogar ein, dass der Süßkramhunger dadurch nachgelassen hat.
    Allerdings sehe ich es auch so, dass die Kinder eher „Stressmanagement“ lernen sollten. Da könnten Entspannungstechniken, aber auch Verhaltenstechniken erlernt werden. Die Vermeidung von negativen Gedanken, autogenes Training, Atementspannungsübungen, Zeitmanagement, „Work-Life-Balance“, die Klassiker eben. Ich würde es nicht auf eine Methode beschränken. Ich denke auch, dass jeder für sich die geeignete Methode finden muss. Im Moment ist es bei mir nicht Yoga, sondern eindeutig Bewegung an der frischen Luft. Diese herrlichen Herbstfarben aufsaugen zu können, ist für mich großartig.
    Um die private Yogastunde beneide ich dich total!
    Ganz liebe Grüße,
    Frieda

  • Mittwochs ist bei derSteffiFee Yoga-Abend. Und morgens turne ich den Kleinen vor, was ich abends neues gelernt habe. Großer Spaß! Die Kleinen haben Yoga 1x in der Woche im Kindergarten und es macht Töchterlein großen Spaß (sie kann es auch richtig gut, wie ich finde, sie ist halt noch im Gegensatz zu ihrer Mutter beweglich). Der Winz tobt lieber!
    Beim Großen gab es Yoga als AG in der Nachmittags-Betreuung der Schule. Für Jungs war es aber voll uncool, das zu machen.
    Zumindest aber wird gesehen, dass Kinder von Yoga profitieren.
    Shanti Shanti!
    LG SteffiFee

  • Liebe Uta,

    Yoga in der Schule hört sich toll an. Das wäre sicher auch etwas für meine zwei Mädels. Nur leider ist bei uns (trotz G9) die Unterrichtsversorgung nicht gegeben und meine Mädels haben nicht einmal die Anzahl Unterrichtsstunden, die sie eigentlich haben müssten…
    Das ist in Schleswig-Holstein ein allgemeines Problem und es wird wohl nicht so bald Abhilfe geleistet werden. Ich hoffe es macht sich im Zentral-Abi nicht allzusehr bemerkbar.
    Da wird Yoga in der Schule wohl weiterhin ein Traum bleiben… Aber träumen darf man ja 😉

    Ich wünsche Dir einen schönen Tag.
    Liebe Grüße Shirlyn

  • Super Beitrag! Pflichtfach klingt immer so schrecklich, das ganze Schulsystem ist einfach total an jedem gesunden Rhythmus vorbei. Ich fände es auch wunderbar wenn Yoga in den Schulen, kindergärten,Betrieben, bei Arbeits- Sozial Ämtern angeboten würde! Yoga für ALLE! Wir alle können dazu einen kleinen Beitrag leisten, indem wir genau das tun was du gemacht hast: Yoga in den Alltag einfließen lassen! Danke!

  • Hallo, unser Mathelehrer hat zwischendurch auch immer Yogaübungen mit uns gemacht. Anfangs wars komisch, dann haben wir es geliebt. Nachmittags konnten wir freiwillig Wahlfächer belegen. Er bot dabei Yoga als Wahlfach an. Meine ganze Klasse machte mit. Es war toll. Das Kultusministerium hatte damals was dagegen. Yoga durfte kein Wahlfach sein – stattdessen wurde das Wahlfach „Mathematik-Nachhilfe“ angeboten. Die ganze Klasse machte wieder mit, und es war toll!! 🙂

  • Liebe Uta!
    Danke für die Inspiration!
    Ich mache selbst schon seit Jahren Yoga und liebe und brauche es. Für den Rücken und den Kopf.
    Jetzt habe ich mir auf deinen Artikel hin endlich Literatur zum Thema „Yoga mit Kindern“ besorgt und werde es bald in meiner 2. Klasse als freiwilliges Angebot machen. Mal schauen, wie es sich entwickelt, vielleicht werde ich es mit der Zeit fest für alle in den Stundenplan integrieren. Ich mache schon ab und zu kleine Übungen zwischendurch (den Baum lieben sie!), also bin ich ganz hoffnungsvoll, dass es gut aufgenommen wird. Dann gilt es nur noch, die Schulleitung von der Anschaffung von 24 Yoga-Matten zu überzeugen. 🙂 Bis dahin üben wir erstmal im Stehen…
    Zum Thema Pflichtfach: Ich finde, es gibt viele Inhalte und sogar ganze Fächer (…), die man getrost aus dem Lehrplan streichen könnte. Und auch wenn Yoga bestimmt nicht jederkinds perfekter Weg zur Entspannung und Stressbewältigung ist, so ist es eben doch EIN Weg. Und schaden würde es keinem.
    Liebe Grüße,
    Johanna

  • Oh, ich applaudiere über deinen Post! Ich bin Entspannungspädagogin und arbeite in der Stressbewältigung ausschließlich mit Kindern und Jugendlichen. Z.Zt. bin ich fest im offenen Ganztag beschäftigt und ringe seit 4(!!!) Jahren mit den zuständigen Stellen um einen festen Platz von Entspannung im Schulalltag … selbst im Nachmittagsbereich stosse ich auf taube Ohren … stattdessen höre ich nur immer von den Erwachsenen „ohja, das würde mir jetzt gut tun“ … aber kaum jemand ist bereit sich selbst dafür Zeit einzuräumen und wenn die Erkenntnis für sich selbst nicht da ist, dann bekommt das auch kein Kind … schade! Ich wäre somit auch unbedingt für die Einführung als „Pflichtfach“!!! Ob nun Yoga, autogenes Training, progressive Muskelentspannung oder einfach ein paar Atemübungen-wie kraftgebend und ruhefördernd das doch im Alltag der Kinder wäre… vielen (auch inneren) Konflikten könnte man damit begegnen! Aber selbst unsere, an der Schule tätigen Sonderpädagogen nehmen lieber einen Burnout mit nach Hause, als ein paar Ideen, wie manches anders zu machen wäre … ich verzweifel oftmals daran, Veränderung in die Köpfe reinzubekommen … du machst mir allerdings Mut nicht aufzugeben! Also: Applaus, Applaus für diesen Beitrag!!!!
    Lieben Gruß, Lilli (die übrigens sehr gerne hier liest, wenn auch meistens still)

  • Liebe Uta!
    Wie immer – ich wollte nur mal eben schnell bei dir vorbeischauen und schon verschwinde ich in den Tiefen und verschlungenen Pfaden deines Blogs!
    Ich liebe deine Art zu schreiben wirklich sehr und habe deine Blog auch schon einigen Freundinnen empfohlen…
    Unsere Jungs sind schon „aus dem Haus“ – aber für die Schule (ich bin Grundschullehrerin) hole ich mir immer wieder Anregungen.
    Und jetzt das: Yoga! Ich liebe Yoga! Und ich habe auch in der Klasse schon regelmäßig morgens zur Begrüßung Yoga gemacht…. nur…. der Alltag! Dann brennt es hier und da und alles andere ist (scheint!) wichtiger…
    Ich werde jetzt direkt meine Sammlung hervorkruschteln und morgen in der zweiten Klasse den Tag mit Yoga beginnen!
    Vielen Dank fürs Mal-wieder-dran-erinnern!
    Mit besten Grüßen aus Karlsruhe,
    Nadja

    • Liebe Nadja, ganz herzlichen Dank für diesen lieben Kommentar! Ich freue mich sehr darüber, besonders darüber, dass du gleich morgen zur Tat schreitest. Wow, wenn ich das bewegen kann mit meinem Blog, wie toll ist das denn? Herzliche Grüße in den Süden, Uta

  • {"email":"Email address invalid","url":"Website address invalid","required":"Required field missing"}

    Uta


    Ich arbeite als Eltern-Coach, Buchautorin und Journalistin, bin Ehefrau und Mama (ein Sohn, eine Tochter) und kann es nicht lassen, dem Familien-Glück auf die Spur zu kommen. Ich forsche in Büchern, spreche mit Experten und teste alle Erkenntnisse in der Praxis. Nur was mich überzeugt, weil es das Leben mit Kindern wirklich erfüllender macht, schafft es auf diese Seite.

    Deine, Uta

    >