Schlaflos nach einer Tiersendung 

 22/02/2012

Wie unsere Tochter mit einem Mungo mitfühlte und in Tränen ausbrach

Mein Mann guckt mit den Kindern seit Jahren jeden Dienstagabend eine Tiersendung im Fernsehen. Ich bin dann beim Stepp-Tanz. Das ist eine andere Glücklichmacher-Folge.
Tiersendungen machen meinen Mann glücklich. Mit Prinzessin im Arm auf dem Teppich liegen und mit Kameraleuten durch irgend ein Gebüsch dieser Welt kriechen – mehr braucht es nicht.
Aber bitte, liebe Autoren von Tierdokumentationen, gebt weder dem Elefantenbaby noch der Gnukuh einen Namen.
Ich mag es im Leben persönlich, aber nicht in Tierfilmen.
Neulich ging ich nicht zum Tanzen, sondern vertrat meinen Mann auf dem Teppich neben Prinzessin. Thema auf dem Bildschirm: Zebramangusten, auch Mungos genannt, in Tansania.

Zeichnung aus „Das große illustrierte Tierbuch“ von Hans-Wilhelm Smolik, Gütersloh 1975

Im Mittelpunkt der kleine, halbblinde Kisu. Sommer, Herbst und Winter gehen ins Land. Kisu überlebt Hungersnot und Dürre. Aber eines Tages – dramatische Filmmusik – schleicht sich ein Löwe an. Klein-Kisu schaut mit trüben Äuglein aus einer Erdhöhle, die Pfötchen auf der pyknischen Brust. Die Hitze Afrikas flirrt über die weite Ebene unseres Flachbildschirms. Seine Tiefenschärfe, teuer bezahlt, macht mich fertig.
Über Kisus Erdhöhle kreisen die Geier. „Bleib drin Kisu!“ Der Kleine kann ja nicht gucken, wird jeden Moment in sein Verderben trippeln. Prinzessin und ich reißen Teppichflusen aus, krallen uns in die Kissen auf unseren Bäuchen. „Bleib in der Höhle, Kisu, schmier dir ein Nutella-Brot. Mama kommt sicher bald.“
Die Filmmusiker am Kontrabass geben alles, der Löwe setzt zum Sprung an, ich hechte zur Fernbedienung, um dem Blutbad zuvor zu kommen. Aber dann kommt Odo, der Chef des Rudels. In letzter Sekunde rettet er unseren Kisu.
Odo, unser Held.
Mein Mann sagt immer, dass man im Leben für alles einen Preis bezahlt.
Für Odo stimmt das. Er lässt sein eigenes kurzes Mungo-Leben für Kisu. Der Löwe zieht davon, den blutenden Odo zwischen den Zähnen, die Geier im Gefolge.
Bis in ihr Zimmer schafft Prinzessin es noch. Dort bricht sie in Tränen aus. „Ich hasse Wildkatzen … “ – Beben des Unterkiefers. „Ich werde alle Raubvögel abschießen!“ Haltloses Schluchzen. „Ich hasse es, dass die Natur so ist!“
Also bitte nächstes Mal, liebe Tierfilmer, macht Kisu, Odo und den anderen putzigen Mungos einen Balken ins pelzige Gesicht, nennt sie bei ihrem lateinischen Gattungsnamen („Hier sehen wir wieder eine Spezies der Gattung …“) und lasst diese „Jenseits-von-Afrika“-Tonspur weg.
Immer schön sachlich bleiben
Uta

Titelbild von Ketut Subiyanto von Pexels. Herzlichen Dank!

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Uta


Ich arbeite als Eltern-Coach, Buchautorin und Journalistin, bin Ehefrau und Mama (ein Sohn, eine Tochter) und kann es nicht lassen, dem Familien-Glück auf die Spur zu kommen. Ich forsche in Büchern, spreche mit Experten und teste alle Erkenntnisse in der Praxis. Nur was mich überzeugt, weil es das Leben mit Kindern wirklich erfüllender macht, schafft es auf diese Seite.

Deine, Uta

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