Wie ich einst das Zimmer von Prinzessin gestalten wollte und mich dann doch bremste

Als Prinzessin 13 Jahre alt war, haben wir ihr Zimmer neu eingerichtet. Damals war der ausgesuchte Nachttisch nicht lieferbar. Prinzessin störte das nicht. Wohndesign war ihr damals nicht wichtig.

Aber mir war es wichtig. „Wie schön wird es aussehen“, dachte ich, „wenn der warme Schein der Nachttischlampe auf das matte Holz fällt. Das Buch mit dem Einhorn auf dem Umschlag werde ich schräg auf den Tisch legen, daneben die kleine Glasvase mit einer rosa Tulpe.“

Wenn ich neue Handtücher ins Bad bringe, werde ich kurz in der Prinzessinnen-Tür verweilen und einen Blick auf das Ensemble aus Bett, Nachttisch und neuer Bettwäsche werfen. Endlich ein eigenes Reich! Sollte ich nicht die Heizung herunter regeln und einmal durchlüften? Und während ich warte, bis genug frische Luft im Zimmer ist, fällt mir ein, dass der kleine Bilderrahmen, bei dem der Lack etwas abgeblättert ist, perfekt über den Nachttisch passen würde.

Ein wohliger Schauer läuft mir über den Rücken. Eines Tages wird es bei uns aussehen wie in dem Zeitschriften-Kinderzimmer, das ich neulich beim Zahnarzt entdeckte: modernes Bett, Turnstange aus einer alten Dorfschule an der Wand montiert, daran ein rosa Tütü, Ballettschuhe, weiß lackierter Metall-Spind …

Überredungskünste

Der schönste Moment, Kinder zu haben, ist manchmal der, wenn sie nicht da sind. Besonders, wenn man Einrichtungsideen in ihren Zimmern entwickeln möchte. Und wenn die Idee fertig ist und die Kinder wieder da sind, dann kann man unter einem Vorwand anklopfen und ganz beiläufig seine Idee unterbreiten. „Ich habe neulich, hüstel, hüstel, ein Bücherregal entdeckt, das zufällig genau hinter deine Tür passen würde.“ oder „Für deine Schulsachen fände ich ein Hängeregister ideal. Was meinst du?“

Der Junge wirkt wie ein Teil des Interieurs.

Meistens werden meine Ideen akzeptiert, aber ich fühle mich schlecht dabei. Ich fühle mich wie jemand, der ihnen ein „Wachturm“-Abo oder Staubsaugerbeutel andrehen will. Schließlich ist es ihr Zimmer.

Und wie wichtig war es mir früher, endlich ein eigenes Zimmer zu haben. Aus einer alten Styropor-Verpackung hatte ich mir einen Tresor gebaut. Der stand neben meinem Bett und war so mit einem Glöckchen gesichert, dass ihn niemand öffnen konnte, ohne ein Klingeln auszulösen. Jedem Einbrecher, der scharf auf Styropor-Tresore und den rostigen Kronkorken darin war, hätte ich sofort mit dem Kopfkissen eins übergebraten.

Die Kiste der neunjährigen Uta würde vor den Augen der erwachsenen Mama-Uta nicht bestehen können. Sie war schmuddelig weiß und hässlich. Immer wieder hatte ich kleine Brocken herausgepult und den Namen meines Grundschul-Schwarms in die Seite geritzt. Innen drin befand sich der Korall-Ring, den meine Großeltern mir geschenkt hatten, ein gestrickter Löwe vom Kirchenbazar und meine und Franks Kronkorkensammlung. (Frank war mein Freund aus der Straße. Mit ihm sammelte ich die Kronkorkensammlung und führte ein florierendes Geschäft für Unkraut-Samen.)

Mit Freundinnen das Zimmer tapeziert

Mein Vater hatte selbst ein Bett für die Nische in der Wand gezimmert. Aber sonst kümmerten meine Eltern sich nicht darum, wie ich mein Zimmer einrichtete. Auch die Eltern meiner Freundin Kristin ließen große Freiheiten bei der Gestaltung von Kristins Zimmer. Als wir etwa 13 Jahre alt waren, erlaubten sie Kristin und ihren Freundinnen (ich auch!), ihr Zimmer neu zu tapezieren.Das war ein Spaß. Die eine oder andere Bahn hing schief. Aber ich werde unser Glück nie vergessen, wie wir in dem Kleister rührten, über Jungs quatschten und aus Tapeten-Resten feuchte Lampenschirme formten.

Jetzt hat wieder mal ein Post eine Richtung genommen, die er nicht haben sollte. Die Dinger machen sich einfach selbständig in meinem Kopf. Ich wollte über die Umgestaltung von Prinzessins Zimmer schreiben und euch animieren, mit neuen Ideen die Zimmer eurer Kinder zu gestalten. Und dann wird daraus ein Freiheits-Thema, ein Appell dafür

  • euren Kindern ihre eigenen Ecken zu lassen, auch wenn sie es nicht ins „ZuhauseWohnen“ schaffen mit ihrem Zimmer
  • ihnen Material zu geben für kuschelige Höhlen: Decken, Matratzen, Schaumstoffelemente, Wäscheklammern, Seile
  • ihnen etwas zu geben zum Schaukeln, Hüpfen oder Wippen im Zimmer
  • ihnen Flächen an der Wand zum Selbermalen zu lassen
  • ihnen Regale, Gläser, Setzkästen für ihre Sammelleidenschaft zu geben
  • eine Verkleidungskiste mit bunten Tüchern, Mamas Brautschleier, Sonnenbrillen und Hüten zu füllen
  • an ihre Tür zu klopfen, wenn ihr eintreten wollt (spätestens ab zehn Jahren), und zu akzeptieren, wenn ihr mal nicht dürft (es sei denn, es sickert Blut darunter durch)
  • ihnen Holzkisten oder Pappschachteln zu überlassen für ihre Schätze oder ihnen mal einen kleinen Tresor zu schenken (Kinder und Jugendliche lieben Tresore)

Mögt ihr mir schreiben, wie die Zimmer eurer Kinder eingerichtet sind. Werden da Höhlen gebaut? Gibt es eine Schatzkiste? Darf man an die Wand malen? Sind Geheimnisse erlaubt? Klopft ihr an? Hat jedes Kind sein eigenes Zimmer oder gibt es ein gemeinsames Schlafzimmer und ein Spielzimmer?*

Immer fröhlich einrichten und den Kindern Gestaltungsspielraum und Platz zum Sich-Verstecken lassen,

Eure Uta

*So eine Aufteilung in ein gemeinsames Schlafzimmer und ein Spielzimmer kann bei Kindern unter zehn Jahren Sinn machen. Dann kommt nicht so ein Territorial-Verhalten auf und es kann dazu führen, dass es weniger Geschwisterstreit gibt. Hat jemand Erfahrungen damit?

Dieser Beitrag ist schon einmal in ähnlicher Weise auf meinem Blog erschienen. Am 1. November 2021 habe ich ihn komplett aktualisiert.

  • Im Moment teilen sich die beiden jüngeren Kinder (9 und 10) ein Zimmer, ich wüsste auch nicht, wie das Lego aufgeteilt werden sollte… Spiel- und Schlafzimmer hatten wir vor dem Umzug, fand ich gut. Am allerliebsten hätte ich es so wie bei meiner Au-Pair-Familie: Dachgeschoss, beim Treppenaufgang ein offener, großer Raum wie ein zweites Wohnzimmer mit Bücherregalen (Kinderbücher, Fotoalben) und Sofa und Platz für Lego usw.
    Davon abgehend kleine Zimmer, gerade groß genug für Bett und Kleiderschrank und einen kleinen Schreibtisch und ein paar persönliche Dinge.

  • Liebe Uta,
    unsere Kinder haben jeder ein eigenes Zimmer, das war auch etwas, was ich schon immer wichtig fand: einfach mal die Tür hinter sich zumachen zu können, ohne dass das Geschwister auch rein muss. Angeklopft wird bei uns, seit sie die Zimmer haben (etwa mit 4 Jahren) anfangs noch ohne Abzuwarten, mittlerweile mit Abwarten, bis die Antwort kommt. Dadurch klopfen unsere Kinder auch am Schlafzimmer an, ohne dass wir dazu etwas hätten sagen müssen. Die Kinderzimmer sind praktisch eingerichtet, für „schön“ habe ich leider überhaupt kein Händchen. Kind Nummer 1 (12) lebt im absoluten Chaos, will auch partout keine Untertsützung beim Aufräumen, Kind Nummer 2 (9) hält seine Ordnung halbwegs und nimmt bei Bedarf auch Hilfe an. Für Kuschelecken ist leider nicht wirklich Platz (winzige Räume und Dachschrägen) aber dafür hat eben jeder seinen eigenen Raum. Unser Jüngster liebt seinen Tresor, der noch vom Papa stammt, heiß und innig, Geheimplätze mit Verbotsschildern für uns Eltern haben beide, an die Wand wird allerdings nicht gemalt.
    Also ich selbst hätte es gern viel schöner und für meine Augen gemütlicher, aber ich schätze, unsere Kinder sind recht zufrieden.
    Liebe Grüße
    Dana

    • Liebe Dana, danke, dass du von deinen Erfahrungen berichtest hast. Ja, stimmt – ich habe das so kühn geschrieben vom An-die-Wand-Malen.Tatsächlich war es bei uns auch nicht erlaubt. Nur im Keller. Da gibt es bis heute die ganzen Markierungen, wer wie viel gewachsen war. Herzlichst, Uta

      • Alles gut. 🙂 Unsere Kinder haben es trotzdem getan: im zarten Alter von etwa anderthalb hat jeder von ihnen mit Hingabe Wände, Schränke und Stühle bekritzelt. Zum Glück nur mit Bleistift und sie mussten auch putzen helfen, seitdem ist weitgehend Ruhe, was das Thema angeht. 😉 Wobei, Kleber am Fenster und Knete an der Heizung hatten wir auch schon. Naja, solange das Haus noch steht…
        Liebe Grüße
        Dana

  • Liebe Uta
    unsere Jungs sind bereits etwas grösser (15 und knapp 14 Jahre), ich erlaube mir aber trotzdem zu schreiben.
    Anklopfen ist für mich genauso eine Selbstverständlichkeit wie auch, dass sie ihr Zimmer selbst in Ordnung halten müssen. Nun entspricht natürlich ihr Standard nicht meinem (Mama, chill mal), aber da halte ich mich bewusst zurück. Spätestens nachdem jeder mal nichts mehr zum Anziehen hatte, räumen sie von selbst regelmässig (mehr oder weniger 🙂 auf.
    Zur Zeit ist bei beiden ständig Dämmerlicht, da die Rollläden unten sind. Mich würde das wahnsinnig machen, aber ihnen gefällts. Tja, sie leben ja drin…
    Liebe Grüsse aus der Schweiz
    Barbara

  • Wir wohnen jetzt seit 1,5 Jahren im neuen Haus, das wir selbst geplant haben. Eigene Zimmer mussten sein, unsere Kinder (Mädchen fast 15, Junge 11, Mädchen 4) sind einfach zu unterschiedlich. Sie durften vieles mit entscheiden. Es gibt je eine tapezierte Wand (teeniegrau, petrol, pastellaltrosa), der Rest ist weiß, auch die Möbel. Ich finde, Kinderzimmer werden durch den ganzen Kram bunt genug. Ist auch so.
    In Bezug auf Ordnung und Sauberkeit bin ich sehr großzügig, sie müssen sich wohl fühlen. Das betrifft auch Deko und Sammelsurien….
    Paar Regeln gibts trotzdem:
    – Wände dürfen nicht bemalt werden (sind sie trotzdem bei der Jüngsten und bei Sohnemann).
    – Die Wege zum Fenster und zum Bett müssen frei sein (das Haus muss noch trocknen, das dauert 3-4 Jahre, in der Zeit muss verstärkt gelüftet werden, dass nix schimmelt).
    – Ab und zu muss mal gesaugt/ gewischt werden

    Die Große ist natürlich selbst für ihr Zimmer verantwortlich, wenn die Tür zu ist, klopfe ich. Bei Sohnemann klopfe ich manchmal, bei der Jüngsten nur ganz selten.
    Höhlen dürfen gebaut werden, Decken und meine Hilfe dabei gibts auf Anfrage. Alle drei haben eine Extramatratze, auf der darf gehüpft, geturnt, geträumt werden oder Übernachtungsgäste schlafen drauf.
    Geheimnisse sind auch erlaubt, ich schaue nicht ohne Erlaubnis in Kästen oder gar Tagebücher. Das mag ich selber auch nicht.
    LG von TAC

  • {"email":"Email address invalid","url":"Website address invalid","required":"Required field missing"}

    Uta


    Ich arbeite als Eltern-Coach, Buchautorin und Journalistin, bin Ehefrau und Mama (ein Sohn, eine Tochter) und kann es nicht lassen, dem Familien-Glück auf die Spur zu kommen. Ich forsche in Büchern, spreche mit Experten und teste alle Erkenntnisse in der Praxis. Nur was mich überzeugt, weil es das Leben mit Kindern wirklich erfüllender macht, schafft es auf diese Seite.

    Deine, Uta

    >