Eine sechsfache Großmutter im Interview 

 08/05/2015

Ich sende Müttern, Vätern, Omas, Opas und anderen Kinder-Experten 25 Fragen, von denen sie 10 Fragen auswählen, auf die sie antworten möchten.
Heute:

Oma Astrid
Astrid vom Blog  „lemondedekitchi“  hat sechs Enkelkinder und sogar alle meine 25 Fragen beantwortet.

Wie alt warst du, als du Oma wurdest?
Ich bin mit 52 Oma geworden.

War das ein Schock oder eine Freude?
Die Nachricht von der Schwangerschaft war die erste gute Nachricht in einem Jahr, in dem unsere Familie das ( bisher ) schlimmste Unglück bewältigen musste. Mein zweiter Gedanke war: Da rücken wir ja jetzt an die Peripherie in der Familie. Das ist nicht negativ zu verstehen: Ich freute mich darauf, nicht mehr im Zentrum zu stehen und mich mehr nur um mich zu drehen.

Hast du dich deshalb älter gefühlt?
Das ist kein Thema für mich.
Verschweigst du, dass du (schon) Oma bist, oder erzählst du es stolz?
Ich bin eine sehr stolze Oma und empfinde es als einen Höhepunkt in meinem Menschenleben. Meinem Mann geht es ebenso. Und alle unsere Freunde können es spätestens dann nachvollziehen, wenn sie selbst Enkel haben. Vorher steckt hinter der ablehnenden Haltung oft Neid.
Wie viele Enkelkinder hast du?
Sechs.
Wie weit wohnst du von deinen Enkeln entfernt?
Das Jüngste wohnt im Nachbarstadtteil, die zwei Jungen eine Stunde Autofahrt von uns entfernt und die drei übrigen leider in der Schweiz.
Was hältst du von der Idee, mit den eigenen Kindern und Enkeln in einem Mehrgenerationen-Haus zu wohnen?
Könnte ich mir gut vorstellen, denn ich kenne das aus meiner Kindheit auf dem Lande. Da ging es auch zu wie in dem viel beschworenen afrikanischen Dorf.
Bist du eine Oma, die verwöhnt?
Ja, was sonst?
Kommst du mit Taschen voller Süßigkeiten zu den Enkeln?
Ja, bestimmte Gummibärchen ( gelatinefrei ) aus dem Biomarkt.
Wenn nein, was bringst du mit?
Ich bringe aber auch immer Selbstgenähtes mit, Bastelkram, Spiele.

Erzählst du viel von früher?
Wenn es die Kinder wollen, ja.

Wie siehst du deine Kindheit? War es schöner Kind zu sein, als du eines warst?
Ja und nein: Ich bin in der tiefsten Provinz nach dem Krieg aufgewachsen, arm, fromm, ja eigentlich scheinheilig, was die Verantwortung für die Vergangenheit unter den Nazis anbelangt, aber immer höchst moralisch gegenüber uns Kindern. Das betraf vor allem die kirchlichen Instanzen und teilweise die Lehrer. Andererseits hatten wir unendlich viel Freiheit. Ab einem bestimmten Alter konnten wir uns im Dorf und in der Landschaft frei bewegen. Und wenn wir mal bei einem Erwachsenen zu Hause aufliefen, gab es immer etwas: einen Apfel, ein Butterbrot, eine Limo. Ich hatte immer das Gefühl, als Kind willkommen zu sein. Das war in der Stadt ganz anders, in die ich mit neun „verschleppt“ wurde…

Hast du Spielsachen, Bücher, Haarlocken oder Kleidungsstücke von deinen Kindern aufbewahrt?
Ich habe Spielsachen und Bücher, ein paar wenige Kleidungsstücke und viele, viele gemalte und gebastelte Werke bei mir.
Und wenn ja? Holst du sie jetzt für deine Enkel hervor?
Das Spielzeug und die Bücher, ja.
Gibt es etwas, was du im Zusammensein mit deinen Enkeln anders machen möchtest als mit deinen Kindern?
Ich möchte mehr Zeit für sie haben. Das tut mir im Nachhinein leid, dass ich als junge Frau so viel für mich erreichen wollte, beruflich wie privat. In der Rückschau finde ich einiges lächerlich, wofür ich mich damals verausgabt habe. Ich hätte mir mehr Zeit für die Kinder nehmen sollen.
Mischt du dich in die Erziehung der Enkel ein?
Nein. Ich unterhalte mich allerdings sehr viel mit meiner Tochter, die hier lebt, über Fragen der Entwicklung und Erziehung von Kindern. Aber Pädagogik ist ja auch berufsbedingt immer ein Thema.
Bist du noch körperlich erzogen worden (an den Ohren ziehen, der berühmte Klapps auf den Po oder schlimmer)?
Ja, durchaus. Auch in der Schule gab es solche Strafen.
Wie waren deine Omas?
Wunderbar! Leider habe ich sie nur fünf bzw. sechs Jahre genossen. Ihre vorbehalt- und bedingungslose Liebe habe ich bis heute nicht vergessen. Das prägt mich auch bei meinem Umgang mit meinen Enkeln. Übrigens geht es meinem Mann ebenso: Für ihn war die Oma die, die ihm das gab, was er bei der Mutter vermisste.
Welches Buch müssen Omas unbedingt vorlesen?
„Michel in der Suppenschüssel“ von Astrid Lindgren, „Fantasie & Fantadu“ von Helme Heine, später vielleicht „Jim Knopf“ oder „Momo“ von Michael Ende.
Welches Spiel sollten sie mit Enkeln spielen?
Memory – was sonst? (Als Spielemuffel kann ich allerdings auch nicht viel mehr).
Gibt es etwas, was du unbedingt mit deinen Enkeln (auch einzeln vielleicht) unternehmen möchtest?
Ich lasse mich unheimlich gerne auf die Wünsche der Kinder ein. Vielleicht möchte ich sie alle mal in ein Kunstmuseum mitnehmen, weil mir die Kunst so viel bringt.
Hat man bei den Enkeln mehr seine Lieblinge als bei den Kindern?
Nein, überhaupt nicht. Jedes Kind hat etwas Besonderes, das man schätzt und das es von den anderen unterscheidet. Bei unseren Sechsen ist es jedenfalls so.
Welche Rolle sollte Opa übernehmen aus deiner Sicht?
Braucht ein Opa eine Extra-Rolle? Also bei uns bringt jeder das ein, was er gut kann und mag. Und da wir uns auch sonst gut ergänzen, gibt das sicher eine abwechslungsreiche Mischung für die Kinder: Der Opa kann Schach spielen und auch die Größeren noch gut durch die Luft wirbeln, die Oma ist zum Beispiel mehr fürs Malen und Basteln zu haben. Und jeder leiht dem Kind sein Ohr, das den besseren Draht zu einem hat. Das ist ganz gut verteilt bei uns.
Hast du den Drang, Lebensweisheiten an die Enkel-Generation weiter zu geben?
Lebensweisheiten? Eher Einstellungen, Fähigkeiten…
Wenn ja, welche?
Kreativität und Offenheit im Umgang mit allem: Sachen, Gedanken, Lebensformen; Achtsamkeit und Kritikfähigkeit mit sich selbst; Empathie …

Liebe Astrid, schön, dass du bei meiner Interview-Reihe mitgemacht hast, und vielen Dank für deine spannenden Antworten!
Herzliche Grüße von Uta!

Titelbild von RODNAE-Productions von Pexels. Vielen Dank!

 

  • Ein sehr interessantes und sympathisches Interview…aber kein Wunder…ist ja auch von Astrid…;-). Eine schöne Idee, solche Fragen zu stellen! Ein entspanntes Wochenende wünscht Lotta.

  • Liebe Uta,
    Omas können so wichtig sein. Schön, dass euch hier so ein wunderbares Interview gelungen ist.
    Liebe Grüße von Frieda

  • Ein sehr schönes Interview!
    Jetzt denke ich zum ersten Mal, dass ich mich auch darauf schon freue… aufs Oma-Sein. Später mal.
    Etwas Zeit haben wir ja noch.
    Aber trotzdem – das klingt nach einer sehr schönen Lebensphase.
    Liebe Grüße,
    Papagena

  • Ich wünsche jedem Kind solche Grosseltern! Besonders schön finde ich ja aktive Grossväter, da gibt es ja leider nicht so viele. Daher mein spezielles Kompliment an den Grossvater!
    Vielleicht findest du ja sogar mal einen für ein Interview, Uta?

    • Liebe Nicola,
      wie kommst du darauf, dass es nicht so viele aktive Großväter gibt? Ich bin verwirrt – ich hatte zwei, bzw. es lebt leider nur noch einer. Weil Männer früher versterben?
      Liebe Grüße
      Nanne

  • Danke für das schöne Interview – ich bekomme dieses Jahr ein Kind, und es freut mich so unglaublich und immer wieder, wie sehr sich die beiden Omas freuen und wie stolz und glücklich sie sind. Das gleiche gilt für den Opa, aber der freut sich noch mehr darauf, wenn das Kind etwas größer ist und man mit ihm so richtig toben kann :o)
    Liebe Grüße
    Nanne

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    Uta


    Ich arbeite als Eltern-Coach, Buchautorin und Journalistin, bin Ehefrau und Mama (ein Sohn, eine Tochter) und kann es nicht lassen, dem Familien-Glück auf die Spur zu kommen. Ich forsche in Büchern, spreche mit Experten und teste alle Erkenntnisse in der Praxis. Nur was mich überzeugt, weil es das Leben mit Kindern wirklich erfüllender macht, schafft es auf diese Seite.

    Deine, Uta

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