Glückliche Familie Nr. 157: Froschkönig mit Notebook 

 31/07/2013

Es war einmal eine Prinzessin (12), die kam nur noch selten aus ihrem Zimmer heraus. Der Computer war ihr bester Freund geworden. Ihre Mutter, die Frau Königin, wollte schon einen Brunnen im Garten bohren lassen, auf dass das Mädchen mit seinem Spielgerät am Rande des Brunnens mit seinen Freundinnen chatten und das Ding hineinfallen und nie wieder auftauchen könnte. (Es ist zwar ein portables Gerät, aber trotzdem eine Nummer zu groß für ambinionierte Amphibien.)

Dann würde Prinzessin wieder mit seiner Mutter Waffeln backen, Kirschkerne weit spucken und alles wäre wieder wie früher, als all ihre Sätze anfingen mit: „Mama, weißt du waa-aa-aas?“

Frau Königin seufzte, als sie an diese Zeiten dachte, und fächelte sich Luft zu.

Sie war klug genug, um zu wissen, dass Mädchen in der Pubertät das Wichtigste mit ihren Freundinnen beim Chatten besprechen. Trotzdem suchte sie Rat bei einem der Weisen am dänischen Hof. Sie entrollte seine Schriften und las:

„Im Laufe der Pubertät gehen im Gehirn eines Kindes oft so große biologische Veränderungen vor sich, dass Eltern plötzlich das Gefühl haben, ihre Kinder nicht mehr zu kennen. Diese Veränderungen veranlassen viele Kinder, all ihre Aufmerksamkeit für lange Zeit nach innen zu richten. Diese Introvertiertheit sollten die Eltern nicht persönlich nehmen, denn sie hat nichts mit einem guten Verhältnis zu tun, das sich womöglich verschlechtert hat. Sie ist auch kein Zeichen mangelnden Vertrauens.“ (Jesper Juul: Pubertät. Wenn Erziehen nicht mehr geht. München 2010, S. 54)

Der Gelehrte Juul schlug vor, die verstockten Thronfolger nicht mit Fragen zu durchbohren, wie die Jäger das Wildschwein mit ihren Pfeilen. („Hast du Französisch gelernt, das Krönchen poliert, den Cotillion geübt?“).

Ihre Durchlaucht sollten lieber von sich erzählen, „Ihre Gedanken und Gefühle, große und kleine Erlebnisse, Ihre Meinungen und Ansichten über das Leben und die Welt etc.“ (ebd.).

Die Frau Königin sprang so plötzlich auf, dass ihre Stickarbeit aus dem Reifen rutschte. „Heureka, das stimmte!“ Als sie vor wenigen Wochen den französischen Fürsten ihre Aufwartung machten und samt Gefolge (Smartphone von Kronprinz und Dienst-iPad des Soßenkönigs) auf der Rückreise in Paris die Pferde tränkten, begab es sich, dass die Familie von und zu Katzenklo in einer Herberge einkehrte. Dort entspann sich ein lebhaftes Gespräch, als der König erzählte, er sei einst auf einem Ball (Dorf-Disco) von einem Fräulein wegen seiner roten Pickel-Nase verspottet worden. Darauf habe er sich leicht geräuspert und sich die Bemerkung erlaubt: „Meine Nase ist morgen wieder gut, aber du musst das ganze Leben mit diesem Gesicht herumlaufen.“

Wir haben viel gelacht, deshalb ist ihre Durchlaucht etwas verwackelt.

Prinzessin (12) und Kronprinz (15) amüsierte die Geschichte sehr und es entspann sich ein lebhafter Disput darüber, ob man andere Menschen auf körperliche Unzulänglichkeiten hinweisen oder lieber ein Loblied auf ihre Vorzüge singen sollte.

Die Frau Königin hob ihre Stickarbeit auf und freute sich an dem Gedanken, dass man auch mit den Halbwüchsigen am Hofe innige Momente erleben kann, wenn man es nur richtig anstellte.

Immer fröhlich den Teenagern von sich erzählen

Eure Durchlaucht

Uta

  • Jetzt lache ich käftig mit! Und genau so geht es bei uns momentan auch zu…
    Du schreibst soooo toll, lese deinen Blog total gerne!
    Bis zum nächsten Märchen,

    Eleonore

  • Meine Reverenz und einen tiefen Hofknicks, Durchlaucht: das haben Sie ganz ent-zük-kend geschrieben! Am hiesigen Hofe ist es so, dass der Herr König leider recht sparsam mit seinen Erinnerungen umgeht – man muss ihm alles aus der hochwohlgeborenen Nase ziehen. Aber wenn das gelingt, ist es natürlich umso schöner. Meine königliche Wenigkeit dagegen schwadroniert so gerne „von früher“, dass es dann schon mal heißt: „Hast du doch schon ein paarmal erzählt…!“ Nun ja – besser oft als nie 😉

  • Hallo Euer Durchlaucht,
    habe mir gerade mal 30 Minuten „Ich-Zeit“ genommen und in Deinem Blog die letzten Beiträge GESCHMÖKERT. Ist viel besser als meine derzeitige Lektüre. Ich hatte viel Spaß. Vielen lieben Dank!
    Jetzt habe ich auch wieder „power“ – um für die anderen da zu sein.
    Schönen Abend noch!
    LG Kerstin

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    Uta


    Ich arbeite als Eltern-Coach, Buchautorin und Journalistin, bin Ehefrau und Mama (ein Sohn, eine Tochter) und kann es nicht lassen, dem Familien-Glück auf die Spur zu kommen. Ich forsche in Büchern, spreche mit Experten und teste alle Erkenntnisse in der Praxis. Nur was mich überzeugt, weil es das Leben mit Kindern wirklich erfüllender macht, schafft es auf diese Seite.

    Deine, Uta

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