Scheidung gut überstehen 

 03/12/2014

Im neuen GEO Wissen mit dem Thema „Wie Erziehung gelingt“ habe ich wichtige Hinweise für Scheidungseltern gelesen. Sie stammen aus dem Artikel „Die Zeit danach“ von Alexandra Rigos (Seite 138 bis 144). Mit gefällt gut, dass der Text zumindest im Ansatz Möglichkeiten aufzeigt, wie Kinder eine Scheidung besser überstehen können.

Ich picke einmal die Wertvollsten heraus:

  • Wenn sich die Eltern getrennt haben, gilt als kinderfreundlichste Wohnlösung das „Nestmodell“. Die Kinder bleiben in der angestammten Wohnung der Familie, Vater und Mutter nehmen sich jeweils eine eigene kleine Wohnung und leben dann abwechselnd bei den Kindern. So verlieren die Kinder nicht ihr vertrautes Umfeld. Außerdem bleibt ihnen das ständige Taschepacken erspart. Dies ist natürlich eine teure Variante, aber vielleicht ist das für die eine oder andere Familie machbar.
  • Die amerikanische Psychologin Mavis Hetherington weist auf Folgendes hin: „Schlimmer noch als Eltern, die sich streiten, sind geschiedene Eltern, die weiter streiten.“ Hetherington muss es wissen. Sie hat den Lebensweg von 2500 Kindern über einen Zeitraum von 30 Jahren begleitet.

 

„Meinungsverschiedenheiten bei jedem Übergabetermin, aber auch Sticheleien gegen den anderen Elternteil oder Versuche, das Kind über die Verhältnisse beim Ex-Partner auszuhorchen, drängen den kleinen Menschen in einen Loyalitätskonflikt.“ (GEO Wissen, Nr. 54, Die Zeit danach von Alexandra Rigos, S. 142)

  • Remo Largo wird zitiert mit dem Hinweis, dass es „eine Form von emotionalem Missbrauch“ sei, wenn Mutter oder Vater das Kind zum Vertrauten machen und ihm ihre jeweiligen Probleme erzählen würden.
  • Für das Kind sei es hilfreich, wenn es eine neutrale Bezugsperson, zum Beispiel eine Psychologin, habe, der es von sich erzählen kann, ohne auf die Eltern und deren Befindlichkeiten Rücksicht nehmen zu müssen.
  • Statt die Trennungsentscheidung zu begründen, sollten Eltern den Kindern lieber aufzeigen, wie es jetzt weitergehen kann. „Das einzige, was für Kinder zählt“, so noch einmal Largo, „ist die Erfahrung, dass sie nach einer Scheidung nicht verlassen sind.“
  • Kinder unter vier Jahren brauchen kurze Besuche alle paar Tage, um zum Vater (meistens bleiben die Kinder ja bei der Mutter) überhaupt eine Bindung aufzubauen. Ein Rhythmus von 14 Tagen ist in dem Alter nicht ausreichend.
  • Ein neuer Lebenspartner sollte den Kindern nicht sofort präsentiert werden geschweige denn gleich bei einem der Elternteile einziehen. Laut GEO-Artikel empfiehlt Jesper Juul mit dem Zusammenziehen mindestens zwei Jahre zu warten. Ich bin außerdem den Ansicht, dass Kinder bei dieser Entscheidung ein Mitspracherecht haben.
  • Schon in dem sehr empfehlenswerten ZEIT-Artikel „Das Trauma überwinden“ von Martin Spiewak bin ich auf Möglichkeiten gestoßen, wie Eltern ihr Kind gut durch eine Trennung begleiten können. Spiewak schreibt: „Anwälte … gelten in Jugendämtern traditionell als Störfaktoren, weil sie statt des Kindeswohls die Interessen von Mutter oder Vater im Blick haben und die Konflikte noch zusätzlich anheizen.“ Stattdessen gilt heute das Deeskalationsmodell des Familienrichters Jürgen Rudolph aus Cochem im ganzen Land als vorbildlich. Von Rudolph bekommen streitende Paar die Auflage, sich einer Mediation zu unterziehen. Er hat Juristen und Sozialpädagogen an einen Tisch gebracht.
  • Hilfreich für Eltern ist hierbei der Kurs „Kinder im Blick“, der inzwischen bundesweit angeboten wird (hier findet ihr Einrichtungen in eurer Nähe, die den Kurs anbieten). Er unterstützt Eltern dabei, gute Umgangsregeln in der Scheidungszeit zu treffen.
  • Martin Spiewak berichtet aus einem solchen Training: „Die Eltern sollen die Augen schließen und sich in die Zukunft versetzen. Es ist der 18. Geburtstag ihres Kindes, und das Kind nutzt die Gelegenheit, um den Eltern zu danken. ‚Ich bewundere, dass es euch trotz der schweren Trennung gelungen ist, ….’“ In Gedanken soll jeder den Satz vervollständigen. Hörbares Schlucken in der Runde.“
Sich in schweren Lebenssituationen immer fröhlich Hilfe holen.
Eure Uta
  • Liebe Uta,
    einige der Ratschläge halte ich für sehr sinnvoll, weil sie dem Seelenwohl des Kindes dienen und den Eltern „nur“ Selbstdisziplin“ abverlangen – was in einer Trennungssituation oft schon schwer genug ist.
    Aber obwohl ich dir sonst eigentlich fast immer in allen Punkten zustimme, muss ich dir und Frau Rigos heute in einem Punkt entschieden widersprechen. Eine Trennung ist für mindestens drei Personen traumatisch – für Mutter, Vater und für das Kind/die Kinder. Es geht bei einer Trennung nicht nur um das weitere Seelenheil der Kinder. Die vorgeschlagene „Nest-Lösung“ als das „Optimum“ halte ich für unzumutbar für Eltern, auch abgesehen von den finanziellen Erfordernissen. Sie entwurzelt die Eltern und macht sie heimatlos, sie zwingt Menschen, die sich sicher nicht leichtfertig entschieden haben, kein Privatleben mehr teilen zu wollen, dazu, ihr Privatleben vor dem anderem auszubreiten, es sei denn, man räumt alle persönlichen Dinge aus der Wohnung, in der die Kinder dann wie im unpersönlichen Hotel zurückbleiben, das dann wechselseitig von Mutter und Vater besucht wird. Entschuldigung, aber so ein Modell kann sich meiner Meinung nach nur jemand ausdenken, der noch nie selbst eine Trennungssituation mit Kindern durchlaufen hat und hauptsächlich vom Schreibtisch aus theoretische Ratschläge erteilt. Auch Eltern sind Menschen und auch die haben nach einer Trennung ein Recht darauf, möglichst schnell wieder festen Boden unter die Füsse zu bekommen und ein geregeltes (Seelen)Leben führen zu können. Dieses Modell verneint dieses Recht für die beiden Elternteile völlig und ist für mich deshalb völlig indiskutabel.
    Kinder sind bei einer Trennung besonders zu schützen – auch und vor allem vor dem Groll der Elternteile aufeinander und es sind tragbare Lösungen für alle Beteiligten zu finden, wie die Kinder möglichst guten Kontakt zu beiden Elternteilen behalten (so er denn vorher bestand) und nicht entwurzelt werden – aber diese Lösungen müssen auch das Seelenheil der Eltern berücksichtigen, denn das st die wichtigste Säule, auf die das Seelenheil der Kinder baut.

    Herzlich, Katja

  • In meinen Freundeskreis gibt es einige getrennte Eltern, die meisten bewundere ich sehr da nicht nur die Eltern für die Kinder da sind, sondern auch der Rest der Familie, sprich Großeltern, tante und co.
    Leider ist das nicht immer so, so kenne ich auch eine Person die einen unglaublichen Hass auf ihren ex hat. Es wird nur noch über Anwälte und Jugendamt geredet. Die Mutter erzählt den 7jährigen auch alles und sagt dann aber sie will ihn nur schützen. Es ging soweit das dass Kind nicht mehr zum Vater wollte und das Gericht entschied das Umgangsrecht mit Jugendamt gibt oder das Kind kommt in eine Pflegefamilie. Die Mutter gab nach, ging sogar zu „Kinder in Blick“ und ähnliches. Aber ihre Meinung hat sie nicht geändert, behauptet sogar vor das kind das der Vater sich nicht für das Kind interessiert und nur ihr Schäden will.
    Sie sagt immer, sie will ihr Kind schützen und gutes tun, aber merkt nicht wie kaputt sie ihn eigentlich macht!

    LG nicky

  • Ich finde dieses Nestmodell ja sehr fragwürdig. Habe es aus der näheren Ferne schon mal mitbekommen…. mir kommen die Kinder alleine gelassen vor. Mama und Papa ziehen aus und jeder ist mal dran mit Kinderbetreuung. Ganz schräge Sache, meiner Empfindung nach. Die Grossen machen sich ein neues Leben und die Kinder bleiben in der alten Umgebung, um ihnen Geborgenheit vorzugaukeln.
    Was ist das für ein Nest?
    Liebe Grüsse!

  • Wow, das ist ja mal ein spannendes Thema. Ich bin selbst ein Scheidungskind und kann von der Art, wie es sich bei uns entwickelt hat eigentlich ziemlich viel gutes erzählen. Ich habe selbst wenig von der Trennung mitbekommen. Unsere Eltern haben sich (soweit ich mich erinnere) nie laut gestritten. Dann haben beide Eltern neue Partner gefunden (noch während wir zusammen in einem Haus wohnten) und irgendwann ist dann mein Vater zu seiner jetzigen Frau gezogen. Ich glaube das schlimmste an der ganzen Geschichte war, dass wir das große tolle Haus aufgeben mussten, in dem wir eine sehr schöne Kindheit hatten. Ich bin dann zuerst zu meiner Mutter und ihrem jetzigen Mann gezogen und meine beiden älteren Geschwister zu Papa. Ich hab das alles als sehr harmonisch erlebt und die Mitteilung „Wir sind jetzt geschieden“ hat dann gar nichts mehr verändert für uns. Es ging so fließend ineinander über alles. Ich wünsche, dass es für viele Kinder so (zumindest für sie wahrnehmbar) harmonisch abläuft, wie für mich.

    LG Johanna

  • ICh lese deine Tipps echt gerne ,aber diesmal bin ich nicht einverstanden.
    Eine Trennung ist immer schwierig, aber wenn Kinder dabeisind nochmal schwieriger.

    Was mir fehlt ist eigentlich das wichtigste, eine Gruppe mit gleichgesinnten zu suchen , weil man da sich austauschen kann und sehen kann welche verschiedene Möglichkeiten es gibt.

    Das Projekt Nestwärme funktioniert nicht, weil KInder brauchen eine Person die sicher ist, die ihnen Stabilität gibt, vor allem die die alles organisiert, gerade wenn die kInder klein sind muss das jemand Managen,
    Mit diesen Model kann auch keiner von den Erwachsenen mit der Trennung abschliessen.
    Meine Jungs haben als sie kleiner waren eine ZEitlang keinen Kontakt zu ihren Vater gehabt, weil es für mich zu schwierig und schmerzhaft war. Aber ich hatte Rückendeckung von einer Psychologin, die gesagt hat , man muss den Kontakt zum anderen Elternteil halten, wenn es einen dabei nicht gut geht, und ich meine dabei nicht den normalen Trennungsschmerz.
    Diese Abgrenzung war für alle gut. und hat Ruhe hinein gebracht.

    Ich habe mir jede Unterstützung und Hilfe geholt die es gibt und bin damit auch offen umgegangen, aber ich hatte das Pech,das es öfters anders ausgelegt wurde
    So nach dem Motto , wenn ein Kind zum Psychologen geht, hat das andere bestimmt auch einen Knacks. Und an wenn das liegt, ist dann ja auch offensichtlich.(an der Mutter)

    Mittlerweilen sind meine Jungs fast erwachsen und ich finde gut geworden.

    lg carlinda

  • Meine beste Freundin will sich an einen Anwalt für Ehescheidung wenden, um sich von ihrem Mann scheiden zu lassen. Allerdings weiß sie nicht, wie die Scheidung ihre Kinder beeinflussen wird. Danke für den Tipp, dass sie ihren Kindern nicht die Trennungsentscheidung begründen sollte, sondern ihnen lieber aufzeigen sollte, wie es weitergeht und ihnen klarmachen, dass sie nicht verlassen werden.

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    Uta


    Ich arbeite als Eltern-Coach, Buchautorin und Journalistin, bin Ehefrau und Mama (ein Sohn, eine Tochter) und kann es nicht lassen, dem Familien-Glück auf die Spur zu kommen. Ich forsche in Büchern, spreche mit Experten und teste alle Erkenntnisse in der Praxis. Nur was mich überzeugt, weil es das Leben mit Kindern wirklich erfüllender macht, schafft es auf diese Seite.

    Deine, Uta

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