Glückliche Familie Nr. 94: "Make peace with temperature" 

 25/10/2012

Gestern morgen trotzte Prinzessin (11) dem grauen Herbstwetter mit einem schulterfreien Top. Wir hatten 9 Grad (immerhin plus), Frühnebel und keinerlei Anzeichen für einen plötzlichen Hitzeeinbruch.

Am Nachmittag das umgekehrte Spiel. Es war bedeckt und mild und Prinzessin und ihre Freundin brachen dickvermummt in ihren neuen Winterjacken mit Daunenfüllung zum Laubfegen bei dem älteren Ehepaar in unserer Nachbarschaft auf.

Aus der Pubertäts-Kollektion „Make peace with temperature“

Pubertierende lehnen sich gegen alles auf, auch gegen das Wetter.

Bodenfrost? – Wie spießig.

Hagel- und Graupelschauer? – Mensch, Tiefdruckgebiete, chillt euch.

Dauerregen? – Hey, Wolken, was geht ab?

Ich lasse meinen Kindern völlige Freiheit, wenn es darum geht, wie warm sie sich anziehen oder wie viel sie essen möchten (hier).

Als die beiden Mädchen aber mit ihren nagelneuen Jacken zur Gartenarbeit aufbrachen, wollte ich ihnen alte Pullover von mir ausleihen. (Muss man mit Kehrblech und Rechen in der Hand gut aussehen? Suchen die Scouts von Heidi Klum auch in den Laubhaufen von Rentnern nach neuen Models?).

„Lass mal, Mama“, sagte Prinzessin, „wir ziehen die Jacken eh gleich aus, weil wir bei der Arbeit immer so schwitzen.“ – „Trotzdem“, brüllte ich hinterher, aber da waren die Eskimo-Gärtner schon um die Ecke verschwunden.

Am Vorabend hatte ich im Gymnasium unserer Kinder einen Vortrag des Erziehungswissenschaftlers und Kriminologen Jens Weidner gehört. „Es reicht“, sagte Weidner, „wenn Eltern sich zu 80 Prozent gegen ihre Kinder durchsetzen. Sie müssen mit ihrem Eingreifen nicht immer Erfolg haben. Eine Erfolgsquote von 80, höchstens 90 Prozent reicht aus.“ Wichtig sei, dass wir gegenüber unseren Kindern oder Jugendlichen einen klaren Standpunkt hätten, nicht so sehr, ihn immer durchzusetzen. Der Professor machte eine kleine Pause, trat auf die andere Seite seiner Präsentations-Leinwand und ergänzte: „100 Prozent Durchsetzungserfolg zerstört die Beziehung.“

Ich war sehr beglückt. Wieder ein Zitat für meine Sammlung „Entlastende Sätze für Eltern“.

Als nun die beiden Gartenarbeiterinnen abgerauscht waren, durchfuhr mich der Weidner-Satz. Nicht der Entlastende, sondern der andere.
„Ich muss was für meine Durchsetzungsquote tun“, dachte ich, rannte den Mädchen hinterher und stellte mich ihnen breitbeinig in den Weg. „Hey, es ist einer neuer Sheriff in der Stadt.“ Ich ließ die Handschellen an meiner Hüfte baumeln, hielt ihnen aber wortlos zwei alte Jacken hin. „Mama, wir ziehen die doch sowieso gleich aus.“ – „Ihr zieht diese Klamotten an. Ich will nicht, dass die neuen Jacken im Eichhörnchen-Pipi auf der Erde landen.“

Immer fröhlich auf die Durchsetzungsquote achten

Uta    

  • So gesehen stecke ich auch noch in der Pupertät – ich ziehe mich GRUNDSÄTZLICH falsch an! Man kennt das schon bei mir.

    Nur bei den Kindern, da passe ich auf, dass ich NICHT von mir ausgehe, wenn ich ihnen morgens die Klamotten raussuche – denn wenn sie das Gegenteil vom mir anziehen, sind sie auf jeden Fall dem Wetter entsprechend gekleidet!
    *zwinker*

    Papagena

  • Sorry, wenn jetzt ich jetzt nichts konstruktives zum Thema „Chucks gehen auch bei Schnee, wenn man dicke Socken trägt! Und Menschen unter 38 kriegen eh keine Blasenentzündung, Mama!“ beitrage, aber ich komme nicht über die Kombination „Erziehungswissenschaftler und Kriminologe“ hinweg.
    ROFL…

  • Mein halbwüchsiger Sohn wiederum schnallt es oft nicht rechtzeitig, dass der Winter bzw. der Sommer angefangen hat…Meiner Teenietochter ist das Wetter sowieso schnurz…Hauptsache, man geht trendy aus dem Haus…LG Lotta.

  • Jaja, die lieben Kleinen…
    wenn ich da an meine Jugend denke:
    5 Jahre Leggins gefolgt von 5 Jahren Lederhose – zu JEDER! Jahreszeit…
    Mutti sagte zu meinem 30.: „nun bist Du endlich aus dem Gröbsten raus“

    Immer fröhlich auf die DurchHALTUNGSquote achten 😉

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    Uta


    Ich arbeite als Eltern-Coach, Buchautorin und Journalistin, bin Ehefrau und Mama (ein Sohn, eine Tochter) und kann es nicht lassen, dem Familien-Glück auf die Spur zu kommen. Ich forsche in Büchern, spreche mit Experten und teste alle Erkenntnisse in der Praxis. Nur was mich überzeugt, weil es das Leben mit Kindern wirklich erfüllender macht, schafft es auf diese Seite.

    Deine, Uta

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