Das Kind anerkennen, Folge 2 

 17/03/2013

Bei einer Umfrage* in deutschen Unternehmen wurden die Beschäftigten gefragt, was sie sich von ihren Chefs wünschen. Interessanterweise war auf Platz 1 der Wunschliste nicht mehr Geld, mehr Urlaub oder ein größeres Büro, sondern mehr

 Anerkennung



„Lob hat … direkte Auswirkungen auf den Hormonhaushalt, der die Arbeitsbereitschaft und Arbeitsfähigkeit steuert“, schreibt der Mediziner und Psychotherapeut Joachim Bauer **.

Anerkennung ist also ein wichtiges Thema für uns alle. Aber manchmal wissen wir gar nicht, wie wir die Leistungen unserer Kinder angemessen anerkennen können.

Deshalb gibt es noch mehr Beispiele:

Die drei Kinder der Familie Meinert haben ihre Zeugnisse bekommen.

a) Dem Jüngsten, der sich trotz Lernschwierigkeiten in Deutsch verbessert hat, schenkt der Vater spontan ein PC-Spiel.

b) Die ganze Familie geht abends zu ihrem Lieblingsitaliener und feiert den Abschluss des Schulhalbjahres beim Pizza-Essen.

c) Die Eltern haben eine Tabelle angelegt: Für jede ‚Eins‘ im Zeugnis gibt es 4 Euro, für jede ‚Zwei‘ 2 Euro, für jede ‚Drei‘ 1 Euro.

zu a) Ich kann den Vater gut verstehen. Das klingt nach echter Freude und Erleichterung. Und warum sollte er dem nicht Ausdruck verleihen? 
Ja, die Geschwister könnten das als ungerecht empfinden. Aber was ich von verbissenen Gerechtigkeits-Debatten in Familien halte, könnt ihr hier nachlesen. 
Nicht jeder Erfolg in der Schule sollte eine Shopping-Orgie nach sich ziehen. Aber als Spontan-Beglückung für ein schwächelndes Familienmitglied finde ich das okay.

zu b) Mit diesem Vorschlag war eine Teilnehmerin meines Elterntrainings gar nicht einverstanden. „Zur Belohnung essen gehen? – Die faule Socke hat doch das ganze Halbjahr nichts getan“, schnaubte sie und meinte ihren Sohn. 
Ob „faule Socke“ oder Arbeitstier – ich würde alle mit zum Pizza-Essen oder in die Eis-Diele nehmen. Hier geht es weniger darum, eine Leistung zu belohnen als vielmehr das Ende eines Schuljahres zu feiern. Solche Rituale geben Kindern Halt und Kraft. Wie gerne erzählen auch ausgewachsene Menschen noch „Bei uns gab es früher immer …“.
Bei uns hat sich ganz schlicht Schokoladen-Pudding eingebürgert. Große Schüssel voll, viel Sahne drauf und jede Menge „Smarties“. Für meine Kinder gilt folgende Gleichung: Zeugnis = schokoladig + bunt. Es gibt schlechtere Konditionierungen, oder? 






zu c) Pädagogen halten wenig davon, Kinder für Schulleistungen zu bezahlen. So würde man Kinder darauf trimmen, für ihre Eltern zu lernen und nicht für sich selber. 

Für wichtiger halte ich den Aspekt, dass häufig in einer Geschwister-Reihe sehr verschiedene Kinder sind: Tom schafft ohne zu lernen eine ‚Zwei‘ in Englisch, während seine Schwester Sophie mit viel Fleiß eine ‚Vier plus‘ schafft. Sophies Erfolg findet bei einer nach Noten gestaffelten „Bezahlung“ keine Würdigung. Ein Unding. 
Bei uns gibt es Zeugnis-Geld nur von den Großeltern. Das ist wie Weihnachts-Geld. Es kommt unabhängig von der Leistung des jeweiligen Enkelkindes, es liegt keine Wertung darin und die Kinder freuen sich darüber. 

Ich fasse zusammen:

  • auch wenn es auf den ersten Blick nichts zu belohnen gibt, sollte man feiern, dass ein Arbeitsabschnitt zu Ende gegangen ist
  • Rituale stärken Kinder
  • Anerkennung in Wort und Zeichen ist wichtiger als Belohnung mit Geld
  • bei Anerkennung gibt es kein „richtig“ und „falsch“, einen Menschen zu sehen und zu würdigen, was er tut, ist immer besser als nichts

Immer schön fröhlich bleiben

Uta

PS: Thema der nächsten Folge: „Wenn mal richtig schlechte Noten kommen“

 

*Adolf Timm: Die Gesetze des Schulerfolgs, Seelze-Velber 2009, S. 25
** ebd.
  • Hallo,

    ich habe Deinen Blog erst vor kurzem gefunden und finde ihn toll. Ich habe selbst zwei Kinder, 3 und 7 und wir bewältigen gerade die Herausforderung 1. Schuljahr. Ich bin ganz schön geschockt, was die Kleinen schon alles lernen und können müssen, der Schuldruck hat echt zugenommen. Da ist das Thema Anerkennung von den Eltern sehr wichtig. Ich bin froh, hier noch einiges dazulernen zu können, aber auch, mich in manchen Dingen bestätigt zu sehen. Es wäre fatal (meiner Meinung nach) auch noch innerhalb der Familie noch mehr Druck auf die Kinder auszuüben. Sie brauchen Halt und Anerkennung von den Eltern! Ich wäre übrigens fürs Pizzaessen mit der ganzen Familie! Nichts stärkt mehr, als etwas Besonderes und Schönes mit der ganzen Familie zu unternehmen. Schließlich haben ja auch alle gekämpft und teilweise auch gelitten, das Schuljahr hinter sich zu bringen, egal, wie gut die Noten sind! 😉
    Ich werde deinen Blog aufmerksam und gespannt weiterverfolgen! Vielen Dank dafür.

    Bunte Grüße
    Christiane

  • Liebe Uta,

    danke für Deinen Besuch. Ich freue mich, dass es Dir bei mir gefällt. Du hast mir im Winter mal einen vergnüglichen Abend beschert, als ich in Deinem Blog las, unterhaltsam wie in einem Buch. Dann vergaß ich den Namen und jetzt bin hier wieder gelandet – und Du gelistet. Ich mag, was Du schreibst und wie Du schreibst.

    Alles Liebe

    Amalie

  • Hm ja… ich gebe zu es fällt mir manchmal schwer und ich muss mich dazu disziplinieren. Unter Stress noch deutlich mehr, als wenn ich nachhaltig ausgeschlafen bin. Da stecken einfach auch ganz tief noch alte Muster fest udn ich kritisiere mich ja auch ständig selbst und lobe mich eher selten.
    Wobei ich Verbesserungen nach harter Arbeit deutlich besser würdigen kann, als gute Noten mit links. Ich arbeite daran. 😉

    Herzlich, Katja

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    Uta


    Ich arbeite als Eltern-Coach, Buchautorin und Journalistin, bin Ehefrau und Mama (ein Sohn, eine Tochter) und kann es nicht lassen, dem Familien-Glück auf die Spur zu kommen. Ich forsche in Büchern, spreche mit Experten und teste alle Erkenntnisse in der Praxis. Nur was mich überzeugt, weil es das Leben mit Kindern wirklich erfüllender macht, schafft es auf diese Seite.

    Deine, Uta

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