The one and only 

 14/03/2017

Erkenntnisse über gelingende Partnerschaft.

In meiner Coaching-Ausbildung habe ich gelernt, dass erfüllte Partnerschaft nur möglich ist, wenn ich meinen Partner an die erste Stelle setze (und er mich). „Ist er oder sie für dich die ‚Number one and only‘?“ – das ist die zentrale Frage. Wenn ich das nicht mit „ja“ beantworten kann, habe ich eine wichtige Antwort darauf, warum meine Liebesbeziehung vielleicht nicht funktioniert oder nach Jahren nur noch so vor sich her dümpelt oder warum ich keinen Partner finde, der dauerhaft bei mir bleiben möchte.
„Ist er oder sie die Nummer 1 in deinem Leben?“
Jetzt kommt ein Geständnis: Ich habe Jahre lang die Kinder an Nummer 1 gesetzt und meinen Mann dahinter eingeordnet. Das habe ich ihm vor ein paar Tagen gebeichtet und er meinte versöhnlich: „Vielleicht haben wir beide ‚Familie‘ an Nummer 1 gesetzt.“
Wir waren vier Tage mit den Kindern in Rom. Die Freundin von Kronprinz war auch dabei. Mal haben wir etwa zusammen unternommen, mal getrennt. Und es konnte passieren, dass die Kinder uns anriefen und fragten, ob wir später essen gehen könnten, weil sie gerade schon eine Kleinigkeit unterwegs gegessen und jetzt noch keinen Hunger hätten. Uns hing der Magen zwar in den Kniekehlen, aber wir sagten: „Ja.“
„Das werden wir nicht mehr machen“, sagte mein Mann. „Ich bin nicht mehr bereit, meine Bedürfnisse hinter ihren zurückzustellen.“ Die Ansage fand ich prima, ein wichtiger Schritt, uns und unserer Partnerschaft wieder die Priorität einzuräumen.
Dass Frauen die Kinder an erste Stelle stellen, sobald sie Mutter werden, ist ein häufig zu beobachtendes Phänomen. Tief im Inneren fühlen wir uns kompetenter als Männer, was den Umgang mit Kindern angeht. Und im gewissen Maße sind wir eher auf das soziale Miteinander geeicht, als es die Männer sind. So kann sich eine Dynamik entwickeln, die die Männer aus den Familien treibt. „Sie braucht mich ja sowieso nicht mehr. Ich helfe ihr zu wenig, aber wenn ich helfe, kann ich es ihr sowieso nicht recht machen. Inzwischen spüren das auch die Kinder. Sie wollen lieber von ihr als von mir ins Bett gebracht werden. Und weil es sowieso nur Geschrei gibt, wenn ich es versuche, lasse ich es lieber ganz.“
„Dein Partner braucht keine Mutter, sondern eine Partnerin an seiner Seite“, schreibt Jesper Juul in seinem Buch „Liebende bleiben“ (Seite 33). Männer hätten keine Lust, einer ständigen Qualitätskontrolle ausgesetzt zu sein, was ihre Erziehungs- oder Haushaltsleistungen angeht. Sie wollten auch nicht bei den Kindern eingereiht werden. „Und dann versuchst du,“ sagt Juul während einer Paarberatung, „dich um ihn zu kümmern oder zu helfen oder was auch immer, was früher oder später zum Bemuttern wird. Was er ätzend findet.“ (Seite 80)
Irgendwann richtet man sich ein in so einem trostlosen Nebeneinander mit viel Augenrollen (ihrerseits), mehr und mehr Fernsehen oder Basteln in der Garage (seinerseits), Verreisen mit den Freundinnen (ihrerseits), Treffen mit den Kumpeln (seinerseits), Gas geben im Beruf (ihrerseits und seinerseits), Interesse für die neue Kollegin/den neuen Kollegen (endlich jemand, der sie/ihn wieder attraktiv findet) (ihrerseits und seinerseits) …
So entfernen sich die Partner immer mehr von einander und gegenseitige Verachtung kann sich einschleichen. Habt ihr mal euer Augenmerk darauf gerichtet, wie in Frauenrunden über Männer gesprochen wird? Schon der Seufzer „Männer!“ scheint alle auf einen Schlag zusammen zu schweißen. Und ja, es gibt Blondinenwitze, aber es gibt auch jede Menge Witze über Männer, die angeblich weniger Schmerzen aushalten als Frauen. Weicheier allesamt. Oder Machos, aber wenig dazwischen.

  • Männer verstehen oft nicht, was Frauen wollen. Deshalb geht es ihnen besser, wenn wir klar sagen, was und wie wir es wollen.

Bei uns klappt es zum Beispiel super, wenn ich sage: „Ich möchte mit dir unbedingt darüber sprechen, wie wir den Auslandsaufenthalt von Prinzessin organisieren.“ – „Ja, gerne. Morgen Abend?“ – „Abgemacht.“ Gläschen Wein dabei, Kerzen an und wir haben die schönste Zeit und alles geklärt. Das läuft viel besser als zwischen Tür und Angel und dann anschließend meckern: „Du hast gar nicht zugehört.“
Gestern Abend hatten wir ein schönes Gespräch und ich fragte ihn, weshalb er diesmal so entspannt war und in sich ruhte. Daraufhin er: „Weil wir es abgesprochen hatten und ich mich darauf einstellen konnte. Das mag ich.“
Ähnlich in Rom. Ich sagte: „Heute Nachmittag möchte ich unbedingt ein Eis essen und einen Latte Macchiato trinken.“ Schon sehe ich es Rattern im Kopf meines Liebsten und wenig später sitzen wir in einem schönen Eis-Café.
Die meisten Männer wollen, dass ihre Frau glücklich ist. Unter all den Vorwürfen, die wir in Jahren gesammelt haben, vergessen wir das häufig. Deshalb gilt:

  • Statt zu meckern, was in der Vergangenheit alles nicht funktioniert hat und blöd war, macht euren Männern für die Zukunft klare Ansagen: Das wünsche ich mir. So möchte ich es gerne haben. Mein größter Traum ist … Und wie ist es bei dir? Passt das für dich? Wollen wir das gemeinsam umsetzen?

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Immer wieder begegnet mir in Büchern (auch bei Juul), dass nicht wert geschätzt wird, wenn der Partner weg ist, weil er Geld verdienen geht. „Ha, der denkt nur an seine Karriere!“, heißt es dann, „und ich sitze hier zu Hause mit den Blagen und muss das alles auf die Reihe kriegen.“ Macht einen das zum schlechten Partner und Vater, wenn man sich um die Grundversorgung kümmert? Ist das nicht das Fundament für ein gelingendes Familienleben? Lange Zeit wurde die unentgeltliche Arbeit im Haushalt und bei der Kinderbetreuung nicht anerkannt (und zum Teil ist das heute noch so), deshalb muss ich aber nicht auf der anderen Seite vom Pferd fallen und blind dafür werden, was der andere beim Geldverdienen für die Familie leistet. Deshalb gilt:

  • Egal, wer das Geld für die Familie herbei schafft – das ist essentielle Familienarbeit genauso wie Windeln wechseln, das Kind aus der Kita abholen oder Einkaufen. Geht wertschätzend damit um, was der andere für die Familie macht. Und mache du den Anfang, statt zu sagen: „Soll der/die doch erst mal anerkennen, was ich alles schaffe.“ Das öffnet die Tür für gegenseitiges Aufrechnen und ist der Tod der Liebe. Dagegen bewirkt es wahre Wunder, wenn du mit der Anerkennung des anderen beginnst. Das verspreche ich.

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Ich habe schon häufig darüber geschrieben, dass sich Männer anders gegenüber Kindern verhalten. Klar kann man nicht alle über einen Kamm scheren, aber es gibt Tendenzen. Männer toben eher mit den Kindern, gehen mehr Risiko ein, sind knapper und machtvoller in ihrer Kommunikation, haben andere Regeln, andere Werte … Deshalb die Empfehlung:

  • Seht es als Bereicherung, wenn Kinder unterschiedliche Stile erleben. Macht es zur Devise, der Ansage für die Kinder zu folgen, die einer der Erwachsenen zuerst gemacht hat. Und wenn euch etwas total gegen den Strich geht, verabredet 😉 ein Gespräch mit eurem Partner, fragt ihn erst einmal, was genau hinter seinem Verhalten steckt, und sagt ehrlich, womit ihr euch unwohl fühlt und was ihr euch anders wünscht.

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Wenn Mütter sagen, sie würden alles für ihre Kinder tun und ihre Kinder seien die wichtigsten Menschen in ihrem Leben, klingt das erst einmal toll. Eine Löwenmutter. Bis aufs Blut würde sie ihre Kleinen verteidigen. Dafür gibt es jede Menge gesellschaftliche Anerkennung.
Für Kinder ist es jedoch auf lange Sicht schädlich, bei ihren Müttern auf Nummer 1 zu stehen. Mehr und mehr fühlen sie sich dann verantwortlich für Mamas Gefühle, denn Mama hat ja nur noch sie, nachdem Papa kaum noch eine Rolle spielt oder sogar die Familie verlassen hat. Das kann sich zu einer großen Bürde entwickeln. Entweder passt dann kein Blatt Papier zwischen Mama und ihnen oder das Gegenteil passiert: die Rebellion gegen die allgegenwärtige Mama, die es ja so gut meint. Beide Reaktionen sind Seiten der gleichen Medaille. Deshalb gilt:

  • Sobald ihr vom Paar zur Familie werdet, hört nicht auf, in eure Partnerschaft zu investieren: Wochenend-Trips, Candle-light-Dinner, Zeit, Gefühle, Hingabe. Sorgt dafür, dass euer Partner die Nummer 1 bleibt. Die Kinder fühlen sich dadurch nicht zurückgesetzt – im Gegenteil. Sie sind eine große Verantwortung los und bekommen oben drauf noch ein Modell für gelingende Partnerschaft.

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Jetzt habe ich noch nichts über Alleinerziehende geschrieben (und das wird mir jetzt auch zu viel – schwitz). In vielen Fällen passen zwei Menschen einfach nicht zusammen, deshalb versteht diesen Post nicht als Plädoyer, auf Gedeih und Verderb zusammen zu bleiben. Mir ist aber wichtig zu sagen:
Wenn ihr eure Nummer 1 an eurer Seite habt, dann lohnt es sich, richtig Gas zu geben, damit sie es bleibt.
Fröhliche Grüße,
eure Uta

  • Das hast Du toll geschrieben, liebe Uta.
    Vermutlich frustriert nichts so sehr in einer Liebesbeziehung wie die immer wieder enttäuschte Erwartung, der/die Liebste müsse meine Bedürfnisse, Wünsche und geheimsten Träume erahnen, erfühlen, erraten, ja wissen. Das ist eigentlich eine Teenagerannahme, und wenn ein Paar immer noch mit dieser sehr naiven Erwartung ausgestattet ist, wenn es zum Elternpaar wird, dann kann es doppelt anstrengend werden.
    Nichtsdestotrotz lieben wir ja alle, vom geliebten Menschen mit etwas Wunderbarem überrascht zu werden. Und das tut dann unendlich gut, denn unser romantisches Herz hat sich vom o.g. Traum so ganz wohl nie verabschiedet..:-)
    So geht es doch wunderbar weiter in Deinem Blog! Die Themen schickt das Leben.
    Lieben Lisagruß durch den sonnigen Frühlingstag!

  • Das Thema Alleinerziehende wäre aber schon auch ganz interessant.
    V.a. im Hinblick auf die Verantwortung, die dann lt. Text auf den Kindern lastet…

    • Wenn ich alleinerziehend wäre, würde ich …
      * mich um einen guten Kontakt zum Vater meiner Kinder bemühen,
      * nicht schlecht vor den Kindern über ihn reden,
      * nicht die Kinder zu meinen Vertrauten heranziehen,
      * meine Probleme mit einer Freundin besprechen und nicht mit meinen Kindern,
      * mir einen neuen Partner suchen …
      So – grob skizziert – würde ich mich ausrichten.
      LG Uta

  • Ach, liebe Uta … danke für den erneuten Stupser …
    neulich hat man mir erzählt, dass man selbst als Alleinerziehende neben dem Mann und gegenüber vom Kind stehen muss. Nicht umgekehrt …
    Alles gar nicht so leicht … was macht man, wenn der Mann auf den „ich möchte heute Nachmittag gern ein Eis essen“- Wunsch nur sagt: Jetzt frühstücke ich. Stress mich doch nicht mit Sachen, die heute Nachmittag sind“ ???
    Ganz liebe Grüße,
    Dorthe

    • Liebe Dorthe, ihr könntet mal darüber sprechen, was du dir von ihm wünscht und nicht bekommst, und was er sich von dir wünscht und nicht bekommt. Manche Paare befinden sich in einer Patt-Situation gegenseitiger Verweigerung. So nach dem Motto: „Pah, die gibt mir ja auch nicht, wonach ich mich sehne. Warum sollte ich dann ihre Wünsche erfüllen?!“
      Vielleicht ist das ein Ansatz.
      Viele liebe Grüße! Uta

  • Liebe Uta
    Ein ganz wunderbarer Artikel. Danke dafür!
    Und nach Deiner Umfrage vor einiger Zeit ist dies genau das, was ich mir denn hier bei Dir zum Lesen wünsche: Dass Du weiter berichtest von Dir selbst, was Dich JETZT umtreibt. Mit Deiner tollen Fähigkeit, einen Schritt zurück zu treten, zu reflektieren, Fachartikel flott einfliessen zu lassen, persönlich, fundiert und mit liebevollem Blick fürs grosse Ganze zu berichten. So bleibt Dein Blog gewohnt lebendig und anrührend, vermittelt Selbtkritik und Selbstliebe gleichermassen. Danke für alles!
    Liebe Grüsse, Martina

    • Liebe Frau Krähe, du beschreibst meinen Blog und meine Fähigkeit so liebevoll. Vielen Dank für diese tolle Anerkennung! Ich freue mich sehr. Liebe Grüße, Uta

  • Liebe Steffi, liebe V.,
    ich habe von euch „Kommentare“ bekommen, die nur eine Straße und eine Hausnummer enthielten. Ich habe keine Ahnung, woran das liegt. Mögt ihr euren Kommentar nochmals senden? Viele Grüße, Uta

  • Vor kurzem las ich irgendwo einen Satz von Jesper Juul, den ich nicht mehr ganz wörtlich zusammenbringe, aber sinngemäß war es der:
    Väter haben keine Ahnung, was Mütter alles leisten. Umgekehrt ist es genauso.
    Wunderbarer Text von Dir, Uta, danke! Ich hab das auch erst hart lernen müssen, meinen Mann wieder an die erste Stelle zu rücken – aber es hat sich gelohnt und ein bisschen traurig bin ich, dass ich das nicht eher kapiert habe.

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    Uta


    Ich arbeite als Eltern-Coach, Buchautorin und Journalistin, bin Ehefrau und Mama (ein Sohn, eine Tochter) und kann es nicht lassen, dem Familien-Glück auf die Spur zu kommen. Ich forsche in Büchern, spreche mit Experten und teste alle Erkenntnisse in der Praxis. Nur was mich überzeugt, weil es das Leben mit Kindern wirklich erfüllender macht, schafft es auf diese Seite.

    Deine, Uta

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