Dank Sport leichter lernen 

 06/11/2014

Ich kann nicht behaupten, dass mir Joggen Spaß macht. Tanzen macht mir Spaß, ja, aber Laufen ist öde. Seit Jahren, ja Jahren, warte ich auf das berühmte „Runner’s High“, diese Ausschüttung von Glückshormonen, von denen passionierte Läufer berichten. Manchmal denke ich: „Uta, komm, noch eine Hausecke weiter, dann hast du auch eine Ausschüttung.“ Aber nix.
Ich laufe ohne Ehrgeiz. Ich will keine bestimmte Kilometer-Zeit erreichen, und dass ich die Treppe im Park nicht schaffe, ohne mehrmals die Aussicht sehr gründlich zu genießen, stört mich nicht.
Eine gute Freundin von mir läuft auch. Aber eher langsam. Vor einiger Zeit hat sie ein Geher überholt.

Wer mich sieht, wundert sich vielleicht über meinen Laufstil: Ich hebe die Füße höher als nötig, damit ich nicht in die nächste Pfütze schlage, wenn ich gucke, wie die Nachbarin das Fenster dekoriert hat oder wie vor der Jugendstilvilla die Kürbisse arrangiert sind. Es kann auch sein, dass ich eine Vollbremsung einlege und zurück trippele, weil ich eine Balkonbepflanzung so schön finde oder einen knorrigen Ast aus dem Park mitnehmen muss. Einmal habe ich mich frühmorgens auf einem Friedhof verlaufen, weil um die nächste Ecke wieder ein Engel war, der so zauberhaft verwittert war.
Auch wenn mir das Laufen als Sport keinen Spaß macht, gehe ich seit zehn Jahren laufen, weil ich dabei so schöne Dinge entdecke und weil ich einfach weniger zum Arzt muss. Wenn mir jemand sagt, er habe keine Zeit dafür, sage ich immer: „Und ich habe keine Zeit, in Wartezimmern rumzuhängen.“ Denn seit ich laufe (zweimal pro Woche 30 Minuten früh am Morgen) habe ich im Winter höchstens mal einen Schnupfen.
Bronchitis oder Lungenentzündung, seit meiner Kindheit bis Mitte 30 mehrfach gehabt, kenne ich nur noch aus der „Apotheken-Umschau“.

Als ich die Schuhe kaufte, gab sich der Verkäufer viel Mühe, mit der Video-Analyse auf dem Laufband herauszufinden, wie ich den Fuß abrolle und welches Fußbett ich brauche. Dabei war mir von vorne herein klar, dass ich die will, wo das Pink so schön heraus blitzt 🙂

Vorgestern Abend war ich bei einem Vortrag eines Sportmediziners in unserer Schule. Der Professor jagte uns durch eine Präsentation mit Grafiken, die zeigten, woran die Kinder erkranken können, wenn sie nicht von klein auf daran gewöhnt sind, sich viel zu bewegen: Adipositas, Depressionen, unerklärliche Kopfschmerzen, Diabetes schon bei Jugendlichen… Spätestens als der Professor erwähnte, dass alle paar Sekunden weltweit ein Körperteil amputiert wird, weil die Leute durch Bewegungsmangel und zu viel Essen Diabetes bekommen, rutschten die ganzen Mütter und die zwei Väter im Geo-Raum auf ihren Stühlen rum und waren sofort bereit, die gezeigte Übung für die Rückenmuskulatur zu machen.
In der Regel zerbrechen sich Eltern den Kopf, wenn die Mathe-, Deutsch- oder die Englisch-Stunden ausfallen. Hat man aber die Kernspin-Aufnahmen eines Gehirns vor und nach dem Sport gesehen, bekommt man Lust, die Schule zu verklagen, wenn der Sportunterricht ausfällt: Hohe Aktivität der Nervenzellen in verschiedenen Hirnarealen, bessere Verarbeitung verschiedener Informationen gleichzeitig, besseres räumliches Denken, Stimmungsaufhellung …. Die Aufnahmen zeigen Hirnmasse, die nach dem Sport wie ein Kürbis leuchtet, während das Hirn ohne Sport wie ein grauer Klumpen aussieht.
Das hat mich überzeugt: Ich habe Kronprinz (17) und Prinzessin (13) beim Frühstück (heute aus aktuellem Anlass Müsli-Bar mit Obst) von dem Vortrag erzählt, worauf sie gar nicht wagten zu fragen, ob ich sie bei dem Bindfadenregen zur Schule chauffieren würde.
Ich bin unter den Matschhimmel getreten und bin Laufen gegangen, obwohl das für heute gar nicht auf dem Plan stand. Und nach Regenlauf, Pfützenhüpfen und heißer Dusche hatte ich eine Gehirnaktivität, die mich verleitete, dieses hier zu schreiben.
Wie kriegt man Kinder in Bewegung? Ein Brain-Storming:

  • Sie bei längeren Hausaufgaben zwischendurch einmal das Treppenhaus hoch und runter oder um das Haus oder den Block jagen. (Ich habe dann gerne ihre Zeit gestoppt. Das war immer ein Anreiz.)
  • Bei der Wahl der Schule der Frage „Kann mein Kind da alleine hinlaufen oder mit dem Fahrrad hinfahren?“ ein viel größeres Gewicht geben, als die meisten Eltern es tun. Wer vor dem Unterricht eine längere Strecke gelaufen oder Rad gefahren ist, ist deutlich aufnahmefähiger als die Kinder, die mit dem Bus oder dem Auto gekommen sind. (Das wiegt vieles auf, was vielleicht für die Schule spricht, die weiter entfernt ist.)
  • Selber Sport treiben.
  • Korb mit Schaumstoffbällen, Jonglierbällen und Springseil in die Wohnung stellen. (Selbst Teenager greifen gerne darein und kommen schnell in Bewegung.)
  • Stange für Klimmzüge über dem Türsturz, Ballettstange und Spiegel im Zimmer, Hula-Hoop-Reifen
  • für draußen: Schaukel, Turnstange, Trampolin, Fußballtore, Basketballkorb
  • Für Jugendliche besonders klasse: Tischtennisplatte. Wir haben in diesem Sommer eine angeschafft und hatten die vergangenen Monate sehr viel Spaß damit. An milden Abenden sind Kronprinz und Prinzessin oft spontan nach draußen gegangen, um noch eine Runde zu spielen oder sich beim Rundlauf mit Freunden um die Platte zu hetzen.

Was habe ich vergessen? Her mit der Schwarm-Intelligenz!
Immer fröhlich sich bewegen.
Eure Uta

  • Hallo Uta,

    Tipps für Deine Kommentar-Lesefunktioin kann ich Dir nicht geben – bei mir wird immer nur kurz und knackig kommentiert, ich kenne dieses Problem noch gar nicht.

    Deinen Post heute liebe ich mal wieder!
    Er regt an, er lässt mich laut auflachen, er macht Dich unglaublich sympatisch – aber das warst Du vorher eigentlich auch schon – egal, jetzt halt noch mehr!

    Wir waren neulich bei Verwandten zum Cafe eingeladen, wo die Kinder einen Hula-Hoop-Reifen entdeckten. Nach kurzer Zeit versuchte die gesamte Cafe-Gesellschaft (also Kinder und Erwachsene jedes Alters und Statur) die Hüften zu kreisen. Das war neben dem großen Unterhaltungswert wirklich sehr spaßig und führte dazu, dass die Reifen nun ganz fett auf der Wunschliste für Weihnachten stehen.

    Das mit den Laufschuhen ging mir genauso – ich habe meine sogar im Internet bestellt, weil ich unbedingt die in Pink/Orange haben wollte und ich jetzt einfach mal davon ausgehe, dass die Technik in so einem Schuh so super ist, dass man grundsätzlich keine Fehler machen kann?!?

    Wenn ich allerdings damit zu Laufen versuche, überholen mich auch die Fußgänger. Sehr peinlich! Ich gehe daher eher Walken, dann fällt es nicht so auf mit dem Schneckentempo.

    So, falls das Kommentar-Lesefeld bis hierher gereicht hat, kannste sorglos freischalten – es kommt kein weiterer Mist mehr nach.

    Herzliche Grüße,
    Papagena

    P.S.: Deine Liste neulich über die wichtigsten Spielsachen für Kinder habe ich mir ausgedruckt, und werde sie meiner jüngsten Schwester schenken, die mit dem ersten Kind schwanger ist.
    So super!

  • Liebe Uta,

    du hast mir aus der Seele gesprochen. Laufen ist überhaupt nicht mein Sport, das „Runner’s high“ bleibt irgendwie aus. Trotzdem raffe ich mich zwei Mal in der Woche auf. Das habe ich von der Mutter-Kind-Kur mitgebracht: die Erkenntnis, dass bei Erschöpfung Bewegung an der frischen Luft hilft und dass das Sofa nur bedingt förderlich ist.
    Sobald ich den Park betrete, wie gut mir die Luft und der Blick tut. Und die Möglichkeit, meine Stimmung mit meiner Musik zu verstärken. Keine ABC-, Morgen-kommt-der-Weihnachtsmann-, Nanü-Nana-Lieder. Herrlich. Ich habe das Glück, direkt an einem Park zu wohnen. Bunte Blätter überall, großartig.
    Der große Herzbube war schon ein paar Mal mit, an laufen war da nicht zu denken, da hätte uns selbst deine Freundin überholt. Aber es war toll, anfangs war er bemüht, mitzulaufen. Dann brauchte er öfter Pausen, in denen er sich aus dem Haus geschmuggeltes Knäckebrot aus den Taschen zog. Die Laufrunde endete im Unterholz, wo er auf Bäume kletterte. Für mich ein besonderes „Laufen-macht-glücklich-Erlebnis“.
    Manchmal reicht es mir nach 20 Minuten, die 30 Minuten müssen aber mindestens sein, besser 35. Ich finde, das sieht cooler aus. 😉 Außerdem geht es ab da irgendwie wieder leichter mit den Beinen.
    Trotz der vielen positiven Aspekte fällt es mir schwer, Laufen als Belohnung zu sehen. Mir fällt das Aufraffen nach wie vor nicht immer leicht.
    Leider können wir bei der Schulwahl den Weg nicht berücksichtigen, das nervt mich ziemlich.
    Dafür findet am Wochenende oft ein Ausflug in den Wald statt, meine Herzbuben bewegen sich nirgends mehr. Und sie gehen schwimmen und manchmal turnen. Und bei uns ist meistens laut Musik an, das verleitet zum Tanzen.
    Beschwingte Grüße,
    Frieda

  • Das klingt wirklich so, als müsste man sofort die Turnschuhe anziehen – ;-))) Mir fällt noch das Kettcar ein. Damit sind wir als Kinder etliche Kilometer an frischer Luft durch die Gegend „geheizt“. Und natürlich Inline-Skater. Für drinnen ist sicherlich auch eine Matratze zum Turnen noch eine Idee. Die Tage habe ich noch im schwedischen Einrichtungshaus 😉 einige tolle Ideen zum Thema Bewegung bei Kindern gesehen – da gibt es jetzt die Matratze zum falten, eine besondere Schaukel,… Passt sicherlich zum Thema. 😉 LG aus dem Emsland Theresa

  • Liebe Uta,
    genial geschrieben 🙂
    Die Lütte bewegt sich sehr viel – was auch wichtig ist, da sie eher schwache Muskeln hat.
    Ich dagegen – gehe gleich zur Physio, da ich durch zu wenig Sport ziemliche Probleme habe …
    Witzig, gerade jetzt Deinen Beitrag zu lesen 🙂 Danke!
    Einen Tipp habe ich leider nicht für Dich … Ich versuche in Zukunft, kürzere Kommentare zu schreiben 🙂
    Unser Termin steht noch?
    LG Dorthe

  • na, vor allem, die Kleinen nicht in ihrer Bewegung bremsen. Z.B. durch stundenlangen Unterricht, stundenlange Hausaufgaben, stundenlange Busfahrten zu ach so tollen Schulen. Joggen ist auch so gar nicht meins – wenn auch durch eine chronische Krankheit- aber gehen ist schön. Seit Juli haben wir einen Hund 🙂

  • Hallo Uta,
    wenn ich das so lese gehe ich morgen früh auch mal wieder eine Runde walken und zwar mit genau den gleichen pinken Schuhen wie Du sie hast. 🙂
    Meine Kinder bewegen sich zum Glück gerne – ich sage nur Trampolin und Fußball.
    Liebe Grüße
    Stefanie

  • Heute Morgen wllte mein Sohn von mir wissen (mit sehr leidendem und vorwurfsvollem Ton), warum ich ihn nihct in dei Schule fahren würde, wie „alle anderen Mütter“ das tun würden. Natürlich fühlte ich mich sofort schuldig und als schlechte Mutter, wie Mütter das immer tun, aber in dem Fall war die Macht der Vernunft doch mal stärker als das implantierte schlechte Gewissen, über das Mütter so leicht manipulierbar sind. „Weil du zwei beine zum Laufen hast und es dir guttut, dich zu bewegen und an die Luft zu kommen.““Aber ich hab doch eh Sport.“ „Aber drin.“
    Natürlich fahren nicht alle Mütter ihre Kinder in die Schule, aber versuchen kann man es ja mal. Trotzdem bin ich froh, dass seine Argumentationskette nicht weiterging mit der Frage, warum ich dann nicht eigentlich mehr laufe, wenn es so gesund ist. Denn dann wäre ich ins Stottern geraten. Mist, ich bewege mich im Alltag auch zu wenig, obwohl ich es besser weiß.
    Ich werde versuchen mehr zu machen, auch wenn ich keine Lust dazu habe, sonst mache ich mich als Mama wirklich unglaubwürdig, wenn ich etwas verlange, was ich nicht selbst erbringe.

    Herzlich, Katja

  • Ein toller Beitrag wiede rmal, anregend und inspirirend – I Love it!
    Und so passend für mich grade, hab seit Ewigkeiten angefangen zu joggen. Ich finds auch sooo langweilig, mag aber die Natur, das sich ablenken lassen und das Erleben daran so sehr wie du.
    Nun bin ich ime rganz enttäuscht von mir wenn ich kaum 1 oder gar oh got, zwei Tage dazwischen auslassen und denke dann wieder ans aufgeben.
    Nun lese ich von deinen 2mal die Woche, und das seit 10 Jahren und finde das eine wunderschöne Vorstellung. Ich sollte mir den Stress da draus nehmen.
    Und meine Kleine, geht nun erstmals 1mal wöchentlich Kinderturnen und ich hab meine Komplexe überwunden und geh nun 1mal die Woche mit ihr ins Schwimmbad.
    Aus eben deinen beschriebenen Gründen!
    Danke fürs Inspirieren – wiedermal!
    GLG, MamaMia

  • Wir haben unsere jetzige Wohnung unter anderem deshalb genommen, weil die Grundschule fußläufig erreichbar ist. Leider fahren in den kleinen Straßen rund um die Schule so viele Autos von Eltern, die ihre Kinder lieber hinfahren, weil „es ja so gefährlich“ ist, die Kinder zu Fuß gehen zu lassen. Und wenn die Kinder ausgestiegen sind, wenden diese Eltern immer direkt vor der Schule, um 20 m Weg zu sparen. Dabei ist das so gefährlich für alle Kinder, die gerade die Straße überqueren. Und es dauert auch länger, als geradeaus weiter zu fahren. Deshalb gehe ich zurzeit noch jeden Morgen mit bis zur Schule und bringe erst danach das kleine Kind in die Kita, die leider nur per Bus erreichbar ist. In der Kita neben der Schule war nämlich damals leider kein Platz mehr frei. Warum gibt es eigentlich die Einzugsbezirke nur für die Schulen, aber nicht für die Kitas??? So ist nämlich das große Kind als einziges aus unserer Kita in diese Schule gekommen und muss jetzt erst wieder neue Freunde finden.

    Jedenfalls gehen wir ganz viel zu Fuß und werden deshalb von allen Leuten ringsum schräg angesehen, weil die alle ihre Kinder ständig mit dem Auto fahren, selbst zum Spielplatz zwei Straßen weiter.

    Ich verabrede mich mit anderen Müttern und deren Kindern auch am liebsten auf dem Spielplatz, da können sich die Kinder austoben und wir können viel besser plaudern.

    Was die Schule betrifft, bin ich für mehr Sportstunden, aber gleichzeitig gegen die Benotung der sportlichen Leistung. Diese ist nämlich oft von Dingen abhängig, die die Kinder gar nicht selbst beeinflussen können: Mitgliedschaft im Verein oder Körpergröße. Stattdessen sollte bewertet werden, ob ein Kind sich anstrengt und sich kameradschaftlich verhält. Denn da können sich die Kinder aus eigener Kraft verbessern. Aber wenn ein Kind z.B. sehr klein ist, hat es automatisch Nachteile beim Hochsprung, Basketball etc.

    Ein wichtiges Thema! Vielen Dank!

    Henriette

  • Selbst Vorbild sein, finde ich den besten Tipp. Mein Vater hat Handball gespielt, meine Mutter ist meistens alle Wege zu Fuß gelaufen. Im Sommer sind wir Radgefahren. Bewegung war für uns natürlich. Wir waren beim Mutter-Kind-Turnen, in der Leichtathletik und dann ebenfalls im Handballverein.
    Heute fahre ich am Liebsten mit dem Rad zu Arbeit (auch Regen hält mich nicht ab), ich weiß einfach wie gut ich mich fühle, wenn ich nach der Arbeit mit dem Rad nach Hause fahre. Dann komme ich dort schon im Entspannungsmodus an.
    Wenn ich mit dem Auto fahre, muss ich mich erstmal noch eine Runde bewegen, weil ich körperlich so gestresst bin.
    lg
    Nanne

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    Uta


    Ich arbeite als Eltern-Coach, Buchautorin und Journalistin, bin Ehefrau und Mama (ein Sohn, eine Tochter) und kann es nicht lassen, dem Familien-Glück auf die Spur zu kommen. Ich forsche in Büchern, spreche mit Experten und teste alle Erkenntnisse in der Praxis. Nur was mich überzeugt, weil es das Leben mit Kindern wirklich erfüllender macht, schafft es auf diese Seite.

    Deine, Uta

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